Österreichische Metal-Schmankerl im Doppelpack und schwedische Doom Metal-Legenden machen den zweiten Tag des Salzburger Dome of Rock zu einer der besten österreichischen Festival-Erfahrungen 2019.
I scratched my heart out – Harakiri For The Sky
Öffner des dreiteiligen Hochkaräter-Lineups des Day two sind die Wiener Blackgazer Harakiri For The Sky. Abgesehen davon, dass sie nach Summoning Österreichs wohl erfolgreichstes (und wohl auch bestes) Metal-Exportprodukt sind, machen sie auch recht gute Musik (Untertreibung).
M.S. und J.J. Brainchild, unterstützt durch ein exzellentes Live-Lineup, bringen den Dome vor Emotion dermaßen zum Erzittern, dass man sich nicht sicher ist, ob man eher weinen oder headbangen möchte – vielleicht beides, aber gleichzeitig. Wer kann solch verzweifelten Schreien widerstehen? Durch eine stimmliche Glanzleistung und extrem tighte Instrumentals stellen Harakiri ohne weiteres unter Beweis, dass sie internationalen Größen wie Deafheaven oder Alcest in nichts nachstehen.
Gold and Silver – Our Survival Depends On Us
Next up, österreichische Doom/Sludge/Post-Metal-Veteranen Our Survival Depends On Us. Soundmäßig pendelt man sich gemütlich zwischen leicht prog-angehauchtem Stoner Doom und OM-inspirierter Sakralatmosphäre ein. Hare Krishna-Vibes und mantraartige Inhalte werden dem Bühnensetup – Perserteppiche und eine ordentliche Portion Weihrauchdunst – mehr als gerecht. Nachdem wir bei Harakiri noch Tränen vergossen haben, streben wir nun psychodelisch Richtung Nirvana und Erleuchtung, eine erstklassige Performance.
Dust to Dust – Candlemass
Bei bester Laune zeigen sich die schwedischen Doom Metal-Urgesteine Candlemass. Eine rare Show in Österreich – das erste Mal seit über einem Jahrzehnt – bei der sich die Wartezeit aber sicherlich ausgezahlt hat. Im Doom geht es eben etwas langsamer zu. Zu allem Überdruss sind Instrumente auf dem Anflug verloren gegangen, die letzten Gitarren erst knapp 20 Minuten vor Set-Beginn eingetrudelt – nichts, was die Veteranen erschüttern könnte.
Beinahe pünktlich erschallen die Dampfwalzenriffs aus der unaufhaltsamen Dreierfront Mats Björkman – Lars Johansson – Leif Edling, denen allen miteinander die Freude am Spielen sichtlich anzusehen ist. Es wird gewitzelt, Grimassen geschnitten, auf pompöse Showeinlagen verzichtet man. Hier stehen Musiker auf der Bühne, die nichts mehr beweisen müssen und dabei auch noch Spaß haben. Wie eine Horde unaufhaltsamer Elefanten stapft eine bunt durchgemischte Setlist aus den vier 80er-Klassikern, Epicus (Black Dragon, 1986) bis Tales (Music For Nations, 1989), durch die Boxen. Der frisch für den Grammy nominierte ,,Astorolus – The Great Octopus‘‘ von The Door to Doom (Napalm 2019) ist überraschenderweise der einzige neue Track – dafür gibt’s gleich vier Nummern vom altehrwürdigen Epicus Doomicus Metallicus.
Wenig überraschend, dass gerade die erste der 80er-Tetralogie-Scheiben gewählt wurde, ist doch hierauf Johan Langquist zu hören, der, nach über dreißig Jahren Absenz, wieder zur Band gestoßen ist. Glücklicherweise eine in Würde gealterte Stimme, die es ohne weiteres schafft, an die vokalen Wunderleistungen (wenn auch mit weniger hohen Parts) der Epicus-Ära anzuknüpfen. Nach knappen achtzig Minuten high-energy Show wird man in die kalte Salzburger Nacht entlassen – jedoch nicht ohne einem grandios gewählten ,,Solitude‘‘ als Rauswerfer. Gänsehaut, und das nicht wegen der gefühlten fünf Grad draußen.