Häuser, die sich selbst kühlen

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Wenn die Dachgeschoßwohnung zur Sauna wird und die Bettbezüge am Abend ins Gefrierfach kommen, um ein bisschen abzukühlen, ist es wohl wieder Sommer in der Stadt. Da hilft nur ein ausgeklügeltes Konzept aus Vorhängen und dem richtigen Zeitpunkt zum Öffnen der Fenster, eine Armee an Ventilatoren oder eine Klimaanlage. Doch einige dieser Maßnahmen sind nicht wirklich energiesparend und tragen zur Verschlechterung der Klimakrise bei, was uns nur noch heißere Sommer beschert. Doch welche umweltfreundlicheren Alternativen gäbe es zu Klimaanlagen und jede Stunde kalt duschen? Und wie überleben eigentlich Wüstentiere die Hitze?

Gerade eben wurde eine neue Ö-Norm veröffentlicht. Ö-Normen sind – wie der Name schon sagt – Normen, die vorgeben, wie beispielsweise ein Projekt durchgeführt werden soll. In dreijähriger Arbeit ist eine neue solche Norm entstanden, die regelt, wie in Zukunft in Österreich die „Vertikalbegrünung im Außenraum“ aussehen soll, mit anderen Worten: Sie erklärt, wie man am besten Pflanzen an Gebäudewände bekommt, die dann auch da bleiben.
Fassadenpflanzen kühlen in mehreren Schritten. Ein Teil des Lichts wird reflektiert und kann so nichts aufheizen. Ein weiterer Anteil wird zur Photosynthese verwendet, einiges an Sonnenenergie wird also ins Wachstum gesteckt. Den Rest der Energie, der die Pflanze dann doch wärmt, kann sie großteils loswerden, indem sie über ihre Blätter Wasser verdampfen lässt. Als netter Nebeneffekt entsteht dadurch frische, saubere und kühle Luft. Noch dazu wird es im Wohnbereich etwas ruhiger, da weniger Lärm von außen ins Haus dringt.

Biomimetik – von Tieren abgeschaut

Eine weitere Herangehensweise wäre, sich davon inspirieren zu lassen, wie Pflanzen und Tiere, die weder Ventilator noch Klimaanlage zur Verfügung haben, sich kühl halten. Die Biomimetik sieht sich Phänomene aus der Natur an, um sie dann für die Lösung von menschlichen Problemen zu adaptieren. Ein Beispiel dafür wäre der Klettverschluss, inspiriert von einer kleinen Pflanze, der Klette.
Ein simple Idee, auf die auch die Menschheit schon lange gekommen ist, ist das Erzeugen von Schatten zur Kühlung. Wir müssen einen Sonnenschirm schleppen, das Kap-Borstenhörnchen, das in den südlichen Gebieten des afrikanischen Kontinents lebt, benutzt seinen buschigen Schweif, um Schatten zu erzeugen. Wird es ihm zu heiß, stellt es sich mit seinem Rücken zur Sonne, sein Körper wird durch den Schweif, der gut isoliert ist und sich nur langsam erhitzt, beschattet. So hat es seinen eigenen Sonnenschirm immer dabei und kann sich um über 5°C abkühlen. 

Die Struktur macht den Unterschied

An jedes Wohnhaus einen gigantischen buschigen Schweif zu montieren ist aber keine gute Lösung. Um so große Strukturen wie Gebäude zu kühlen, braucht es andere Tricks. Dafür wenden wir uns zuerst noch etwas kleineren Tieren zu, es geht in den Mikrometerbereich. Der Schmetterling Argyrophorus argenteus hat gerillte Schuppen, die Licht reflektieren. Da die Rillen sehr unregelmäßig sind und das Licht in allen möglichen Winkeln gebrochen wird, erzeugen sie Reflexionen auf einem sehr breiten Lichtspektrum. Von außen betrachtet scheint der Schmetterling deshalb silber-glitzernd zu sein – und das ganz ohne Farbpigmente.
Lichtreflexion kann aber nicht nur dafür genutzt werden, um hübsche Farben zu erzeugen, sondern auch zur Thermoregulation. Überträgt man die Rillenstruktur des Schmetterlings auf Oberflächen, kann man jedes Objekt zum Spiegel machen, ohne irgendwelche Metalle oder seltene Erden zu verwenden. Die Sonnenstrahlung wird dann viel stärker reflektiert und kann dadurch das Objekt nicht mehr so gut erhitzen.

Gerippte Häuser

Wie können die Schmetterlingsflügel jetzt aber Häuser kühlen? Eine Idee ist es, horizontale Rippen mit aufgetragenen reflektierenden Strukturen, wie die des Schmetterlings, an Wänden anzubringen. Dies führt zu unterschiedlichen Effekten: Wenn die Rippen mit der Hauswand verbunden sind, wird die Oberfläche der Wand größer, d.h. es gibt mehr Fläche, durch die die Wand Wärme verlieren kann. Werden die Rippen mit einem Abstand zur Wand befestigt, reflektieren und absorbieren sie das einstrahlende Licht, sodass weniger Sonnenstrahlung direkt auf die Wand trifft und das Haus weniger aufgeheizt wird.
Ein weiterer Effekt kann erzielt werden, wenn Form, Größe und der Abstand der Rippen zueinander an den durchschnittlichen Sonnenstand angepasst werden. Im Sommer steht die Sonne höher am Himmel, die Rippen beschatten die dahinterliegende Wand, die so kühl bleibt; im Winter, wenn die Sonne tiefer steht, können die Strahlen zwischen den Rippen hindurch und wärmen das Gebäude – ähnlich, wie sich das südafrikanische Eichhörnchen nur beschattet, wenn es zu heiß wird. So können sowohl Energie als auch Kosten für Klimaanlage oder Heizung gespart werden. 

Die Sonneneinstrahlung im Laufe der Jahreszeiten: v.l.n.r. Sommer, Frühling / Herbst, Winter (c) August Hammel

Es gibt schon einiges an Forschung und noch mehr Ideen zu nachhaltigeren, umweltfreundlicheren Lösungen zur Thermoregulation von Gebäuden. Die Natur hat schon eine große Auswahl an möglichen Lösungen, wir müssen sie nur noch für uns entdecken.


Titelbild: (c) August Hammel

Studium der Astrophysik. Psychotherapeut*in to be.

August Hammel

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