The Ghost and the Machine ist das 2013 gegründete musikalische Projekt des Songwriters Andreas Lechner, mit dem er das neue Genre „Dark Academia Pop“ begründen will. Am 29. Oktober wurden „Alice In Contraland, Part I & II“ (Fullmax Recordings) im ORF Radiokulturhaus präsentiert. Auf einem Album sind die Songs elektronisch ausproduziert, auf dem anderen in akustischer Version zu hören.
Dark Academia Pop nennt sich jenes neu begründete Genre, das intellektuelle Nostalgie und Tiefgang mit der modernen, vernetzten Welt verbindet. Der Begriff ist aber keine Neuschöpfung. Als Trend auf sozialen Medien erfreut sich Dark Academia immer größerer Beliebtheit. Die gotische Ästhetik britischer Eliteuniversitäten, der idealisierte Rückgriff auf humanistische Bildungsideale, klassische Literatur und Poesie und die Wissbegierde des Intellektuellen stehen im Vordergrund dieser neuen Nostalgie. Unter den Hashtags #darkacademia und #darkacademiaaesthetics entdeckt man altes, tintenbeflecktes Papier, Ausgaben von Dorian Gray in Ledereinbänden und junge Menschen, deren Kleidungsstil von der Londoner Upperclass der 1930er Jahre inspiriert wird. Ghost and the Machine greift diese Ästhetik auf, um sie musikalisch umzusetzen.
Die Musik trägt einen in verschiedene Welten, über die sich ein diffuser Nebel der Erinnerung und Verklärung legt. Man könnte befürchten, das Genre verlaufe sich in akademischem Elitarismus und produziere Musik, die einfach nicht mehr zugänglich wird. Davon ist im Radiokulturhaus nichts zu spüren. Die Atmosphäre hat Wohnzimmerfeeling, der Auftritt von TGATM ist angenehm unprätentiös. Zeitweise wird es ein wenig zu gemütlich im Radiokulturhaus, der Sound reicht doch über den kleinen Raum weit hinaus. Bei manchen Songs bleiben kaum Fußsohlen am Boden und man spürt das Bedürfnis nach Clubluft und zumindest wenigen Quadratmetern Tanzfläche.
Lechner macht nicht einfach nur Musik, er erzählt mit Gitarre und Stimme Geschichten mit poetischem Anspruch. Inhaltlich geht es in den Songs um Zerrissenheit, die Suche nach Orientierung, die Einsamkeit der Pandemie und um Neuanfänge. Dazwischen ist es stellenweise auch einfach schön, ganz ohne Überintellektualisierung. Bei allem Tiefgang werden von Zeit zu Zeit auch Kitsch- und Herzschmerzelemente zugelassen. Die Idee hinter den Alben in doppelter Ausführung ist, Ambivalenzen freizulegen und zu ermöglichen, die einzelnen Songs immer in zwei Sujets zu erleben. Doch was als Akustikversion funktioniert, verliert im ausproduzierten Gegenstück teilweise an Stärke. Die gefühlvollen Auseinandersetzungen verschwimmen im Pop-Part immer wieder zu generischen Aussagen. Der nostalgische Rückgriff büßt an Charme ein und klingt nach Wiederholung.
Dennoch: Auf der Live-Bühne werden die Songs lebendig und schlagen auch emotional die richtigen Töne an. Die rohen Klänge der Resonatorgitarren, des Banjos und des türkischen Instruments Chumbus sorgen für einen Sound, der unter die Haut geht. Letzteres, das im Song „Morning Thunder“ zum Einsatz kommt, hat Andreas Lechner in einem Gemüseladen gekauft, wie er erzählt. Sogar die einzelnen Instrumente haben ihre eigene Geschichte – und das spürt man.