Mit einem Gefühl, das sich vielleicht als „Verstörende Faszination“ beschreiben ließe, verlässt man die Ausstellung ARAKISS im WestLicht. Der japanische Fotograf und Künstler Nobuyoshi Araki stellt dort Fotografien aus seiner kürzlich entstandenen Serie Paradise aus. Im Grunde ist es jedoch eine Reise durch sechs Jahrzehnte seines künstlerischen Schaffens. Das immer wieder polarisiert und gleichzeitig gnadenlos ehrlich ist.
Nackte Körper, Fesselspiele und Echsen – die ARAKISS Ausstellung im WestLicht ist eine Fusion der Extreme, die dabei jedoch nicht zu aufdringlich wirkt, denn dafür ist sie viel zu ehrlich. Man trifft in dieser Sammlung, die anlässlich des 80. Geburtstags des Fotografen Nobuyoshi Araki ins Leben gerufen wurde, auf ungefilterte Wahrheiten. Aktfotografien reihen sich neben gefesselte Frauenkörper und ominöse Nahaufnahmen von Essen und floralen Arrangements. Ein Spiel der Gegensätze: Eros und Thanatos, Tod und Begehren, Realität und Fiktion. Gegensätze, die sich nicht immer ausschließen und auch nicht ohne einander existieren können. Und das ist gut so.
Man ist von Zeit zu Zeit vielleicht etwas erschrocken, so ehrlich sind die Bilder manchmal. Und aus genau diesem Grund vielleicht auch etwas unangenehm. Aber eigentlich ist es ja gut, wenn sich da etwas in einem regt, wenn man nicht unberührt bleibt.
Brutale Schönheit und radikale Subjektivität
Araki versteht es, seine Motive gekonnt in Szene zu setzen, ohne dass diese dabei zu gestellt oder übertrieben aussehen. Seine Themen: Tod und Vergänglichkeit, Begehren und Lust – um nur einige davon zu nennen. Dabei spielt der Künstler auch immer wieder mit Fiktion und Realität, es ist dem Betrachter nicht immer möglich, herauszufinden, was nun wahrhaftig so ist und was von ihm inszeniert wurde. Genau nach Arakis Geschmack. Er polarisiert mit seinen Werken, eckt an, vor allem in seiner Heimat Japan. Nicht selten stoßen seine Aktfotografien auf Ablehnung und Zensur. Diese verarbeitet er – wie sollte es auch anders sein – humorvoll in seinen Fotografien. Er macht die Zensur zu seinem eigenen Spiel.
Polarisation und Aufbegehren, ebenfalls Stichworte, mit denen man Arakis Arbeiten beschreiben könnte. Ein obsessiver Schaffensdrang scheint ihn anzutreiben, er arbeitet akribisch, fast manisch. Während der Vorbereitung der Fotoserie Paradise (2020), die den ausschlaggebenden Anstoß für diese Ausstellung gab, erblindet er auf dem rechten Auge. Das hindert ihn jedoch nicht am Weitermachen. Seine Arbeiten sind vor allem auch eines: sehr persönlich. Seine Frau Yoko, die Ende der Neunziger an Krebs starb, ist oft Kernthema vieler seiner Arbeiten. Die Dinge, die ihm auffallen, sind häufig alltäglicher Natur, scheinen nebensächlich. Er lässt jedoch nichts unversucht, aus jeder scheinbaren Banalität des Lebens ein bisschen Wahrheit herauszukitzeln. Die oftmals lapidar ausgewählten Motive stecken voller Bedeutung und Ehrlichkeit. Etwas, das nicht jeder Fotograf leisten kann.
©Titelbild: WestLicht
Ihr könnt die Ausstellung noch bis zum 1.08.2021 im WestLicht besuchen.
Studententicket: 6€
Regulär: 9€
Münchner Kindl, Nachteule und Naschkatze
Studentin für Literaturwissenschaften