Verhütungsmethoden gibt es mittlerweile in vielen Varianten, jedoch sind diese vorrangig für Frauen. Gängige Alternativen für Männer lassen sich hingegen an einer Hand abzählen und werden in der breiten Gesellschaft kaum benutzt. Wir haben junge Männer befragt, um herauszufinden, wie weit ihr Verantwortungsbewusstsein und auch ihr Wissen über Verhütungsmethoden für das männliche Geschlecht tatsächlich reicht.
Antibabypille, Spirale, Diaphragma – um nur ein paar zu nennen – die Möglichkeiten zur Schwangerschaftsverhütung scheinen schier endlos. Die Alternativen für Männer, die tatsächlich auch aktiv benutzt werden, beschränken sich jedoch auf das Kondom und die männliche Sterilisation, die Vasektomie. Zwar gibt es immer wieder Ansätze, an Alternativen zu arbeiten, wie der Pille für den Mann, aber die Forschung scheint kaum Fortschritte zu machen.
So bleibt die Verantwortung in vielen heterosexuellen Beziehungen oft an den Frauen hängen. Doch inwieweit werden sie von ihren männlichen Partnern unterstützt? Und wie gut kennen diese sich eigentlich selbst mit möglichen Verhütungsmethoden für ihr eigenes Geschlecht aus?
Bei wem siehst du in einem Verhältnis oder einer Beziehung die Verantwortung zur Verhütung – auch finanzieller Natur?
Josef, 19: Eigentlich bei beiden, in meiner Beziehung neuerdings auch finanziell. Meine Freundin hat früher die Pille genommen, da noch nicht, aber jetzt verwendet sie eine neue Verhütungsmethode für sechs Monate, bei der wir uns die Kosten teilen. Wobei die tatsächliche „Einnahme“ natürlich eigentlich meiner Partnerin zufällt.
Aaron, 25: Ich finde die Verhütung liegt erstrangig, vor allem in einem rein sexuellen Verhältnis, beim Mann. Also man sollte doch eigentlich immer ein Kondom tragen, einfach zur Sicherheit, um nicht nur vor einer Schwangerschaft, sondern natürlich auch vor sexuellen Krankheiten geschützt zu sein.
Aus finanzieller Sicht ist das dann natürlich wieder was anderes, weil die gängigen hormonellen Verhütungsmitteln bei Frauen natürlich doch teurer sind als beispielsweise Kondome. Das wird dann ein bisschen komplizierter, wenn man in einer Beziehung ein hormonelles Verhütungsmittel kauft und beschließt, das finanziell zu teilen. Ich habe auch schon von ein paar Personen gehört, dass der Trend wieder weggeht von hormonellen Verhütungsmitteln, also hin zur Spirale oder Kupferkette, das ist dann ja doch eher eine langjährige Anschaffung. Da ist es dann als Mann, wenn man nicht, sag ich mal, ein längeres Verhältnis mit einer Person hat, natürlich schwieriger, sich daran zu beteiligen.
David, 24: Die Verantwortung sehe ich auf jeden Fall geteilt, ich habe es bisher auch immer so gemacht. Meine jetzige Partnerin hat die Spirale, bei der haben wir es auch so gemacht, dass wir uns die Hälfte geteilt haben, zu mindestens mal für die ersten drei Jahre.
Aber auf jeden Fall sehe ich schon auch meinen Teil der Verantwortung darin, dass ich das eben zahle. Also ich achte natürlich auch darauf, dass verhütet wird, aber bei der Pille oder der Spirale etwa, kann ich jetzt körperlich nichts machen, wenn dann nur finanziell. Und wenn eine solche Verhütungsmethode verwendet wird, sehe ich mich da schon in der Verantwortung, das zu tun. Das stand auch irgendwie nie so wirklich zur Debatte, das find‘ ich auch irgendwie nicht ganz natürlich. Weil ich will ja momentan kein Kind haben und meine Partnerin auch nicht.
Hast du dich schon einmal mit Verhütungsmethoden für Männer auseinandergesetzt? Wäre es für dich eine Option, die Verhütung selbst zu übernehmen?
Josef, 19: Eigentlich bisher nur mit Kondomen, zu meiner Schande. Aber grundsätzlich wäre es eine Option. Wobei ich sagen muss, dass ich nicht wirklich weiß, welche Methoden es gibt, wie wirksam die sind und wie der finanzielle Aufwand ist. Generell würde ich aber sagen, dass mich die Vorstellung, diese „Last“ meiner Freundin abzunehmen und zu übernehmen, freuen würde.
Aaron, 25: Ja und nein. Also was ich weiß, ist die gängigste Methode ja die Sterilisation, also wenn es jetzt um langfristige Sachen geht, ansonsten ist das Kondom da noch das Einzige, was so wirklich benutzt wird. Also es scheint mir immer noch so, dass es nicht wirklich gängige Verhütungsmittel gibt, die genauso erprobt sind, wie es jetzt die Verhütungsmittel für Frauen über Jahre sind. Ansonsten wäre es für mich selbstverständlich eine Möglichkeit, aber irgendwie fehlt es da für mich noch an Aufklärung, um eine Art Gleichsetzung zu erzeugen.
David, 24: Ja, ich habe mich damit ein bisschen auseinandergesetzt, aber nur rudimentär. Was ich natürlich irgendwie im Kopf habe, ist diese Spritze, also ich weiß nicht genau, wie die funktioniert, aber irgendwo wird da eine Spritze gesetzt und dann ist dort so ein Gel, das die Spermien abtötet. Und das kann man, glaube ich, eigentlich auch wieder rückgängig machen. Das einzige Problem dabei ist halt, dass es, glaube ich, auch wirklich eine OP wäre, mit der ich mich auch intensiver beschäftigen müsste, um das zu tun. Das zweite Thema wäre Sterilisation, die ja zum Teil auch wieder aufgehoben werden kann. Aber so wie ich das sehe, wenn die Familienplanung noch vor einem liegt, dann ist das nicht unbedingt etwas, was ich machen wollen würde – wenn, dann erst danach. Und da würde ich es dann auch in meiner Verantwortung sehen, gerade weil die Frau, die Partnerin, es davor so lange gemacht hat.
Was ich aber eben auch spannend finde an dieser Frage, dass ich mir natürlich schon immer wieder Gedanken darüber gemacht und mich auch ein bisschen informiert habe, aber nie wirklich mit einer Konsequenz. Und das liegt auch sicher daran, dass die anderen Verhütungsmethoden, abgesehen natürlich vom Kondom, hauptsächlich auf Frauen abzielen.
Warum denkst du, sind es in heterosexuellen Beziehungen immer noch vorrangig die Frauen, die die Aufgabe der Verhütung übernehmen?
Josef, 19: Ich denke, dass in unserer patriarchalen Gesellschaft nicht nur die Aufklärung, sondern auch die extensive Forschung auf diesem Gebiet vernachlässigt wird.
Aaron, 25: Ich glaube, dass es doch in sehr vielen Beziehungen so ist, wenn man entscheidet, monogam zu leben und man dann eigentlich ohne Kondom miteinander schlafen möchte, die Verhütung dann eher bei den Frauen hängen bleibt. Und es scheint, als wäre es gesellschaftlich immer noch so, dass es quasi wenig erprobte Verhütungsmethoden für Männer gibt. Da fehlt es natürlich auch an Aufklärung, sage ich jetzt mal aus meinem Unwissen heraus, und die gängigen Methoden sind einfach eher für Frauen erprobt.
David, 24: Also ich denke, dass das sicher auch strukturell durch die physischen Gegebenheiten so ist. Weil es eben nicht immer so war, dass die Männer, wenn die Frau schwanger war, sich dafür verantwortlich gefühlt haben. Also das ist jetzt auch noch oft so. Und wenn der Mann quasi jederzeit die Option hat, während einer Schwangerschaft abzuhauen und sich um nichts zu kümmern, dann ist natürlich die Gefahr für die Frau, dass sie sich ihr Leben „ruiniert“, sehr viel größer. Also das wäre meine Vermutung.
Gleichzeitig denke ich auch, dass es natürlich etwas damit zu tun hat, dass die Elite in der Medizin und der Medizinforschung sehr lange männlich war (und ist) und sicher eher weniger Interesse hatte, Verhütungsmethoden für sich selbst, den Mann, zu entwickeln.
Ich habe zwar einerseits schon das Gefühl, dass die Verantwortung da gesellschaftlich bei der Frau gesehen wird, aber auf der anderen Seite habe ich auch das Gefühl, dass es zunehmend zu einem Wandel kommt, was das anbelangt. Und das merke ich eben auch immer öfter in Gesprächen mit Freunden, wenn das viel offener diskutiert wird als früher.
Unterstützung, aber fehlende Gleichberechtigung
Es sind also zumeist immer noch die Frauen, denen die Hauptaufgabe in Fragen der Verhütung zugeschrieben wird. Wie sich im Fall der hier befragten jungen Männer aus den Kurzinterviews entnehmen lässt, zwar mit offensichtlich bereitwilliger Unterstützung, die auch über das Finanzielle hinausreicht, doch die wahre Last fällt immer noch dem weiblichen Geschlecht zu.
Außerdem scheint hier auch der Konsens zu herrschen, dass die geringe Entwicklung von alternativen Verhütungsmethoden für Männer vor allem an der Vernachlässigung der Forschung in dem Bereich liegen dürfte. Zu dieser geringen Entwicklung und in Folge Nutzung von männlichen Verhütungsmitteln kommt es in der Realität oft wegen in der Forschung entdeckter Nebenwirkungen, die dann verhindern, dass die Mittel überhaupt auf den Markt gelangen – Nebenwirkungen, mit denen Frauen schon seit Jahren zu kämpfen haben.
Es lässt sich nur hoffen, dass etwas an der im Interview getroffenen Annahme, es könnte zu einem Wandel kommen, dran ist. Denn von Gleichberechtigung kann hier noch lange nicht die Rede sein.