Weil es jede Woche etwas gibt, das nach dem kleinen bisschen Meinung verlangt. Weil wir finden, dass frech und vorlaut immer besser ist als zahm und gefügig. Deshalb gibt unser stellvertretender Chefredakteur Max Bell kurz vorm Wochenende seinen Senf dazu. Er mischt sich ein, überall und immer. Damit wir wissen, was war, was ist und welche Themen ruhig noch ein bisschen (vor)lauter sein dürfen. Diese Woche: Wie man der älteren Generation die Klimabewegung erklärt.
Nach meiner Kolumne letzte Woche habe ich mit einigen Menschen über Klima und Verantwortung gesprochen. Unter anderem auch mit meinem Vater, Generation Boomer. Ein Gespräch, das uns beiden die Augen geöffnet und mir die Wichtigkeit von Dialog zwischen den Generationen gezeigt hat.
Zuallererst aber eine Frage, die ich schon zu oft gehört habe. „Warum das alles? Die wollen es doch eh nicht verstehen“. So einfach können wir es uns nicht machen. Wir Jungen müssen uns damit konfrontieren, dass wir Botschafter unserer eigenen Zukunft sein müssen. Die Überalterung der Gesellschaft bedeutet, dass nicht wir für unsere Zukunft entscheiden. Etwa die Hälfte der Wahlberechtigten in Österreich ist über 50. Menschen, die die Klimakatastrophe wenig betreffen wird, bestimmen also, wie die Welt von morgen aussieht. Das bedeutet, dass das Engagement der jungen Generation nicht darin bestehen kann „OK Boomer“ zu schreien und damit die Gesprächsbasis zu vernichten. Wir brauchen die ältere Generation, wenn wir nachhaltige Veränderungen bewirken wollen. Das bekommt man nicht mit Vorwürfen hin, sondern mit einem offen gelebten Dialog.
Dafür müssen wir uns aber auch trauen das Gespräch zu suchen. Dass das nicht immer leicht ist, vor allem wenn man sich einem toxischen Cocktail aus Schuldgefühlen und Ignoranz gegenübersieht, ist klar. In den meisten Fällen ist es aber auch so, dass sich Alte und Junge nichts Böses wollen, nur in ihren Lebensrealitäten verfahren sind, dessen gilt es sich zu erinnern.
Für die Eltern ist es schwer zuzugeben, dass sie ihr ganzes Leben, was Klima und Umwelt betrifft, auf unsere Kosten gelebt haben. Für Kinder, ihnen das nicht permanent zum Vorwurf zu machen und einen „Boomer“ dämonisierenden Tunnelblick zu entwickeln. Dass die Klimabewegung heute zu einem großen Teil darauf fußt, was etwa die Grüne Bewegung in den 70er und 80er Jahren geleistet hat, ist schließlich auch Fakt.
Die Errungenschaften, dieser und vielleicht sogar jene der 68er Bewegung, können als Anknüpfungspunkte dienen und der älteren Generation vermitteln, wie wichtig die Klimabewegung heute ist. Schließlich ist es meistens so, dass konservative Einstellungen nicht gut altern, das wissen auch unsere Eltern, denen gesagt wurde: „Das war schon immer so, das bleibt auch so“.
Wenn wir auf diesem Weg Verständnis dafür schaffen, dass jede Generation für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft kämpft, ist es einfacher zu verstehen, warum wir auf die Straße gehen, vegan essen oder Flugreisen boykottieren. Dann ist es nur mehr ein kleiner Schritt zu erklären, worum es der Klimabewegung geht, warum es so dringend ist, und dass ein Aufrechterhalten des Status Quo keine Option sein kann.
Wir können den Kampf für Klimagerechtigkeit nicht alleine führen. Viele der Menschen, die etwa bei Fridays For Future engagiert sind, dürfen nicht einmal wählen. Deshalb müssen wir Brücken zwischen den Generationen bauen. Redet mit eurer Familie, mit euren Bekannten, mit euren Kolleg*innen. Aber denkt dran, so einfach sich ein Vorwurf anfühlt, so gerechtfertigt er auch sein möge, mit „OK Boomer“ gewinnt man keine Verbündeten.
Comitted to the best obtainable version of the truth.