Zugegeben, ein Artikel darüber, wie man radikalen Menschen gegenübertreten sollte, hat die Tendenz dazu, recht subjektiv zu werden. Ich bin weder ein Psychologe noch ein Experte für Konfliktlösungen. Radikal bin ich natürlich auch nicht, und in radikalen Kreisen habe ich mich schon gar nicht aufgehalten. Dennoch möchte ich eine Annäherung wagen und einen Versuch unternehmen, Menschen mit radikalen Weltanschauungen entgegenzukommen, allem voran zur Selbstbildung.
Vorweg rate ich euch dazu, bei einem Aufeinandertreffen mit radikalen Menschen, seien es xenophobe, sexistische oder moralisch verwerfliche Positionen, das Weite zu suchen. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht das wie gewöhnlich etwas anders aus, denn radikale Gedanken haben oft die Tendenz, sich zu verbergen, auch im familiären Umfeld. Dennoch, früher oder später scheinen die ersten Anzeichen, es wird eine mehr als fragwürdige oder gar verletzende Aussage in den Raum gestellt und man fühlt sich verpflichtet, Stellung zu nehmen, auch wenn sich diese Menschen de facto nicht bekehren lassen. In einer eher geselligen Runde sind Personen mit bedenklichen Ansichten oft geübt im Debattieren, meinen, sich mit dem Thema bestens auszukennen und machen Hackfleisch aus den täppisch vorgetragenen Bekenntnissen ihres Gegenübers.
Im Internet verstecken sich radikale Menschen oft hinter Fake-Profilen und eine Meldung des Kommentares führt meist zu nicht viel. Auch wenn mit 1. April ein neues Gesetzespaket veröffentlicht wurde, das Social Media-Anbieter dazu verpflichtet, Hasspostings zu löschen, bleibt der eigentliche Mensch dahinter oft ungestraft.
Wie begegne ich also radikalen Menschen, noch dazu, wenn ich ein Naheverhältnis zu den betroffenen Personen habe? Wie wende ich mich jemandem zu, der selbst nur Abneigung ausstrahlt?
Ist man mit bedenklichen Ansichten automatisch radikal?
Man darf sich Radikalismus nicht als simpel linear verlaufende Angelegenheit vorstellen, die im Extremfall mit Gewalt verbunden ist. Es spielen Faktoren wie das soziale oder das kulturelle Umfeld, die Situation, aber auch die Beziehung zu radikalen Personen eine tragende Rolle. Radikalisierung webt sich wie ein Netz immer weiter in die Köpfe der Betroffenen. Man tendiert immer mehr dazu, auch andere Gedanken mit bedenklichen Ansichten zu verknüpfen. Menschen sehen nur noch das, was sie sehen wollen, und das, was sie erwarten, lässt sich einfach mittels Online-Recherche vermeintlich beweisen.
Medienkonsum
Durch die Covid-19 Pandemie ist die digitale Revolution noch einmal beschleunigt worden und wir finden uns auf einmal in Zeiten des digitalen Arbeitsplatzes wieder. Die Einführungsphase dieser Umwälzungen haben wir einfach übersprungen, mit fatalen Folgen.
Wir alle befinden uns auf sozialen Plattformen in unserer „Bubble“ und heutzutage ist es noch einfacher, Nachrichten so zu filtern, dass wir nur noch das lesen müssen, was wir auch wollen. Argumente und Weltanschauungen können so noch einmal gezielt bekräftigt werden und der eigene Horizont verengt sich mehr und mehr. Kritisch ist außerdem der Algorithmus im Backend der Websites, der die Abwärtsspirale noch einmal beschleunigt. Message-Controlling von Seiten der Regierung erschwert vieles ebenfalls, sowie das gezielte Suchen nach Nachrichten in Gruppen oder auf Websites, die bereits als „Fake-News“ bestätigt wurden. Für viele Menschen ist dieses Branding aber leider nur ein Gütesiegel.
Eine bewusste und kritische Mediennutzung sollte deshalb erstrebt werden, um die gesellschaftliche Schere nicht noch mehr zu weiten. Dies ist zugegeben nicht einfach, aber Online-Tools können dabei helfen, die eigenen Anschauungen zu reflektieren und die eigene Medienkompetenz zu prüfen.
Wie komme ich radikalen Weltanschauungen nun entgegen?
Wichtig ist es vor allem, auf radikale Äußerungen jeglicher Art zu reagieren, da sich Menschen durch Schweigen oft bestätigt fühlen. Man sollte den Konflikt aber keinesfalls verschärfen und deshalb nicht unbedacht im Zorn oder als Kurzschlussreaktion antworten. Geht auf widersprüchliche Aussagen direkt ein und entkräftigt diese mit Tatsachen und Fakten. Man möchte sein Gegenüber dazu bringen, die eigene Position zu überdenken, und eine konfrontative Stellungnahme kann Menschen oft provozieren. Auch eine besserwisserische Haltung führt meist zu einer kontraproduktiven Auseinandersetzung, da radikale Personen so nicht auf die eigenen Fehler hingewiesen werden. Keinensfalls sollte man sich selbst oder die eigene Meinung als die bessere darstellen. Aber es ist notwendig, fragwürdige Begründungen genau zu hinterfragen und auf gegebene Widersprüche hinzuweisen.
Es ist wichtig und richtig, radikale Menschen nicht auszugrenzen. Innerhalb der Familie und Verwandtschaft ist es meist sowieso unmöglich, den Kontakt ganz abzubrechen. Unterstützt diese Menschen, bietet ihnen Hilfe an, und respektiert sie als Mensch. Zeigt radikalen Einstellungen gegenüber aber absolute Intoleranz!
Titelbild (c) Heather M. Edwards/unsplash.com
Ich wünscht ich könnt.