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22 Day Vegan Challenge – #1 Erwartungen

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Vegan ist cool. Ersatzprodukte für Fleisch werden immer besser und billiger. Hafer- und Mandelmilch machen den Molkereibetrieben auch in den USA gerade Feuer unter dem Hintern. Außerdem sind die gesundheitlichen Vorteile einer veganen Ernährung bereits mehrmals bewiesen worden. Drei unserer Redakteur*innen wagen den Selbstversuch und stellen sich der Challenge, sich 22 Tage lang von Tierprodukten zu verabschieden. Der Ausgang ist ungewiss. In dem ersten Teil der Serie geht es um ihre Erwartungen.

Leon Hoffmann-Ostenhof, Fleischfresser:

Als in der Redaktionssitzung die Rede von einem Artikel über eine Vegan-Challenge war, rutschte ich unauffällig in die Tiefe meines Sessels hinein, um ja nicht in Frage zu kommen. Ich selbst führe ein Leben als Omatarier – das heißt, dass ich im Supermarkt kein Fleisch kaufe, aber wenn mir meine Oma den sonntägigen Schweinsbraten vor die Nase stellt, verzehre ich den mit großer Freude. Käse, Eier und Butter sind mir heilig. Mein bescheidener Camouflage-Versuch hat also nicht funktioniert. Mein Name fiel und beäugelt von einer Truppe von bewussten Essern, willigte ich schweren Herzens ein.

Meine anfängliche Angst hat sich mittlerweile transformiert. Jetzt, einen Tag vor dem Startschuss in die 22 Tage ohne Tierprodukte, verspüre ich eine Art ehrfürchtigen Ehrgeiz. In bisherigen Diskussionen um Veganismus nahm ich eine passive Position ein. Den Veganern vis-à-vis von mir gab ich immer recht. 8 Milliarden Tiere werden jährlich für unseren Komfort ermordet, ein Großteil der Wasser und Getreidereserven dienen als Viehfutter, das Geschäft mit Tierprodukten verursacht zwischen 21 und 37% der weltweiten Treibhausgase und von der Abholzung der Regenwälder will man gar nicht erst beginnen. Ich sei jedoch immer zu schwach gewesen, zu indoktriniert von der Lebensrealität, in der ich aufwuchs, um mein Leben wirklich vegan zu gestalten. Ich verspüre keinerlei Schuld den Tieren gegenüber. Eine gewisse Schuld ist da, aber es beschäftigt mich eher die Schuld, keine Schuld den Tieren gegenüber zu verspüren und Unmenschlichkeiten des menschlichen Konsums weitgehend zu ignorieren. Mein persönliches Ziel mit der Vegan Challenge ist es also, diese egoistische Schuld in eine empathische Schuld gegenüber anderen Lebewesen umzuwandeln. Vielleicht kann ich mich ja mit diesem Selbstversuch zur Vernunft zwingen. Ich bin gespannt.

Leonie Razumovsky, Vegetarierin:

Ich selbst bin bereits seit ungefähr drei Jahren Vegetarierin. Motiviert wurde ich dazu vor allem aus persönlichen Gründen des Klima- und Umweltschutzes. Zum Veganismus überzugehen, welcher meinen ökologischen Fußabdruck weiter verringern und somit vielleicht mehr mit meinen Werten übereinstimmen würde, habe ich bisher aber leider noch nicht zustande gebracht.
Zwar habe ich mittlerweile die Milch für meinen Kaffee und für mein Müsli beinahe vollständig durch Hafer- oder Sojaprodukte ersetzt, viel weiter bin ich jedoch nicht gekommen. Das liegt vermutlich vor allem an einem ausschlaggebenden Faktor: Käse.
Diesen esse ich mit großer Leidenschaft und das auch noch in allen möglichen Varianten. In meinem Kühlschrank gibt es immerzu mindestens zwei, drei verschiedene Sorten, bei Grillpartys decke ich mich selbstverständlich mit genügend Halloumi ein und im Restaurant würde ich jedes Mal die Käseplatte über ein süßes Dessert wählen.

Vor gar nicht langer Zeit habe ich bereits versucht, mich einen Monat vegan zu ernähren, mit dem Hintergedanken anschließend vielleicht sogar langfristig dabei zu bleiben. Am Ende konnte ich wegen all der Ersatzprodukte kein Soja mehr sehen, geschweige denn schmecken.
Außerdem ist mir aufgefallen, dass es gar nicht so einfach ist, sich spontan im Supermarkt ein schnelles Mittagessen zu kaufen. Vor allem dann, wenn man auch noch den Anspruch daran stellt, gut zu schmecken und nicht nur jeden Tag das selbe wählen zu müssen. Heutzutage gibt es in vielen Supermärkten und manchen Restaurants schon vegane Angebote. Aber selbst ich, als Vegetarierin, habe ab und an Probleme, wenn ich vorm Kühlregal stehe und nahezu jeder vorbereitete Salat oder jedes Sandwich Fleisch beinhaltet. Oder, wenn ich im Restaurant zwischen den immer drei selben vegetarischen Gerichten wählen darf. Als Veganer*in muss das noch sehr viel schwieriger sein.

Für diese 22-Day-Vegan-Challenge erhoffe ich mir einen besseren Ausgang. Vielleicht schaffe ich es diesmal, die angemessene Balance zwischen veganen Ersatzprodukten und dem Rest der Lebensmittel zu finden und entdecke dadurch eine Version der veganen Lebensweise, welche sich auch langfristig in mein alltägliches Leben inkludieren lässt.

Clara Wutti, Fleischfresserin:

Wenn mich jemand vor einem Jahr gefragt hätte, ob ich an einer 22-Day-Vegan-Challenge teilnehmen will, hätte ich mit großer Wahrscheinlichkeit nein gesagt. 22 Tage kein weiches Ei zum Frühstück, kein Käse im Sandwich, Backen nur ohne Eier und kein Fleisch wäre mir unvorstellbar vorgekommen. In den letzten Monaten habe ich nach intensiver Recherche über die Umweltbelastung als auch die gesundheitliche Belastung durch Fleischkonsum und nach zahlreichen Gesprächen mit Freund*innen, die bereits vegetarisch leben, beschlossen, meine Ernährung umzustellen. Zugegeben fällt es mir nicht immer leicht, auf Fleisch zu verzichten, und meine Lust auf Schnitzel oder Speck gewinnt leider nach wie vor noch von Zeit zu Zeit gegen mein Umwelt- und Gerechtigkeitsbewusstsein. Aber vor allem in den letzten Wochen ist es mir an immer mehr Tagen gelungen, mich fleischlos zu ernähren, und ich bin fest entschlossen, innerhalb der nächsten Monate ganz auf eine vegetarische Ernährung umzusteigen. Auch bei anderen Tierprodukten, wie Milch, greife ich in letzter Zeit gerne und häufig auf pflanzliche Alternativen zurück.

Als mir also vorgeschlagen wurde, gemeinsam mit zwei anderen Wolfgang-Redakteur*innen 22 Tage lang vegan zu leben, zögerte ich nicht lang, da ich mir sicher war, dass diese Challenge mir bei meinem Umstieg auf eine vegetarische, und allgemein bewusstere Ernährung, helfen könnte. Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass ich mich nur auf die nächsten 22 Tage freue und nicht auch ein bisschen Angst habe, dass mich bereits nach drei Tagen meine Lust auf Käse und Milchschokolade zum Scheitern bringt. Aber ich bin mir sicher, dass es total spannend und lehrreich wird, mehr darauf zu achten, woraus das, was ich esse, eigentlich besteht und ich freue mich schon, viele neue Rezepte und pflanzliche Produkte auszuprobieren. Und wer weiß, vielleicht bleibt es ja nicht bei den 22 Tagen.

In zehn Tagen berichten unsere drei Redakteur*innen das nächste Mal von ihren Erfahrungen.


Weitere Infos:

Wer jetzt Lust bekommen hat, kann natürlich gleich mitmachen. Hier gehts zu einer Info Seite, die bei einem veganen Monat unterstützt. Schreibt uns gerne auf unseren Social Media Kanälen über eure Erfahrungen.

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