Corona verschafft der Umwelt eine kleine Verschnaufpause. Trotzdem ist die Klimakrise längst nicht vom Tisch. Davon, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, sind wir noch weit entfernt. Da der Verzicht auf Flugreisen gerade nicht unbedingt als ökologische Heldentat gezählt werden kann, könnte man die Zeit nutzen, um die Klimabilanz seines Kühlschrankes zu checken.
Während wir aktuell noch darum bemüht sind, den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schaden der Coronakrise möglichst klein zu halten, werden immer öfter Stimmen laut, die den Ausbruch der Pandemie auch auf unser Verhältnis zur Natur zurückführen. So etwa erst kürzlich die Primatenforscherin und Aktivistin Jane Goodall. Durch extensive Landwirtschaft und die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen würden wir Wildtiere zu einer unnatürlichen Nähe zum Menschen zwingen. So könnten neuartige Viren mutieren und von Spezies zu Spezies übertragen werden. Doch unser Umgang mit Tieren ist nicht nur möglicherweise bei der Entstehung neuer Krankheiten beteiligt, sondern auch maßgeblich für die Gesundheit dieses Planeten verantwortlich.
In Österreich sind etwa ein Fünftel der Treibhausgasemissionen auf Ernährung zurückzuführen, global machen Land- und Forstwirtschaft und andere Formen der Landnutzung 24% aus. Es geht also darum, nicht nur bei Freizeitgestaltung, Mobilität und Konsum auf Nachhaltigkeit zu achten, sondern auch bei der Entscheidung, was zu Hause auf den Teller kommt. Durch klimafreundliche Ernährung könnte man in Österreich, aber auch weltweit, den Flächenbedarf, den Energieverbrauch, die Schadstoffbelastung des Bodens und den Ausstoß von Treibhausgasen deutlich verringern. Saisonal, regional und biologisch sind dabei Schlüsselworte. Den größten Unterschied macht aber teilweiser oder gänzlicher Verzicht auf tierische Lebensmittel, da diese besonders ressourcenintensiv sind.
Wundermittel vegane Ernährung
Die Zahlen dazu sprechen eine sehr deutliche Sprache. Nach einer Studie der Universität für Bodenkultur Wien verbraucht man in Österreich im Durchschnitt 1257 kg CO2-Äquivalente* durch Ernährung. Das ist etwa so viel an Emissionen, wie bei einer Flugreise von Wien nach Madrid und wieder zurück entsteht. Wird auf Fleisch verzichtet, beläuft sich der Verbrauch nur mehr auf 849 kg. Bei veganer Ernährung sind es sogar nur 366 kg. Im Vergleich zu einem an Fleisch und Milch orientierten Speiseplan sind das rund 70% weniger.
Die fetten Jahre sind vorbei
Die Plattform ökotest.de stuft Butter als klimaschädlichstes Lebensmittel ein, gefolgt von Rindfleisch, Käse und Tiefkühlpommes. Je höher der Fettgehalt eines Milchprodukts, desto mehr Milch wird für die Produktion benötigt. Die Rechnung ist also einfach: Für ein Vielfaches an Milch braucht man natürlich auch mehr Kühe. Das führt zu einem massiven Anstieg des Methanausstoßes.
Aber auch Schweinefleisch und Geflügel sind keineswegs unbedenklich. Sie produzieren zwar kein Methangas, brauchen aber große Mengen an meist importiertem Futter, für das riesige Flächen gerodet werden müssen. Für einen Kilo Geflügelfleisch wird, neben dem Einsatz von anderen Futtermitteln, rund ein Kilo Sojaschrot benötigt. Zum Vergleich: Für einen Kilo Tofu sind es 200 Gramm. Wer nicht auf Fleisch verzichten will, sollte zumindest auf Bioprodukte zurückgreifen, bei Hühnerfleisch lassen sich so die Emissionen um bis zu 50% reduzieren.
Kochen mit Zukunft
Vielen fällt der Umstieg auf einen anderen Speiseplan nicht leicht. Oft fehlen Ideen, wie man sich am besten lecker und abwechslungsreich ernährt und gleichzeitig das Klima schont. Das Kochbuch Kochen mit Zukunft (microtext) möchte das ändern. Verschiedene Landwirte, Gastronomen und Aktivisten stellen klimafreundliche Rezepte und ihre Ansichten zu umweltbewusster Ernährung vor. Die Ansätze sind divers: von fleischloser Ernährung, über die Rückbesinnung auf alte Zubereitungsarten und Gemüsesorten, saisonalen und regionalen Zutaten, bis hin zu Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung.
„Wir werden eine menschliche und genießbare Zukunft für alle nur erreichen können, wenn wir uns wieder dorthin begeben, wo es riecht, schmeckt und wir in Achtsamkeit mit Mutter Erde in Berührung kommen können.“ (Hendrik Haase, Foodaktivist)
Transparenz bitte!
Jedes Rezept hat dabei seinen eigenen „Klimascore“. Ähnlich wie bei Nährwertangaben wird damit die Klimaverträglichkeit in Zahlen gegossen, das heißt in CO2 Äquivalente. Die Herausgeberin kooperiert dabei mit Eaternity, einer Organisation, die den ökologischen Fußabdruck von Produkten berechnet. Dabei werden verschiedene Faktoren, wie beispielsweise Art der Landwirtschaft, Transport oder Wasserverbrauch miteinberechnet. Dass diese Kennzeichnung der Klimaverträglichkeit, wie etwa bei Nährwertangaben, nicht verpflichtend ist, wird oft kritisiert. So könne man nämlich Bewusstsein schaffen und Konsumenten bei der Kaufentscheidung helfen.
Denn nicht immer ist klar ersichtlich, welches Lebensmittel tatsächlich das beste für unseren Planeten ist. Nimmt man besser die regionalen Tomaten aus dem beheizten Glashaus, oder die Biotomate aus Spanien? Avocados, die durch weite Transportwege und hohen Wasserverbrauch ja zunehmend in die Kritik kommen, seien etwa immer noch besser als regional produzierte Butter. Ein einheitliches, verpflichtendes Label könnte Licht ins Dunkel bringen.
Kochen mit Zukunft enthält zwar auch ungewöhnliche Rezepte, die vielleicht nicht jedem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen, wie etwa vietnamesischer Gemüsetee, doch es lädt in jedem Fall dazu ein, über den buchstäblichen eigenen Tellerrand zu blicken. Es geht auch nicht darum, die eigenen Essgewohnheiten von null auf hundert völlig über den Haufen zu werfen. Man kann mit einem veganen Tag pro Woche beginnen oder sich nach guten Ersatzprodukten für Butter, Milch und Fleisch umsehen. Auch klassische Rezepte wie Naturschnitzel, Lasagne, Erdäpfelgulasch oder Knödel lassen sich erstaunlich leicht in vegane Varianten ummodeln. Es kann aber auch spannend sein, sich mit den ungeahnten Möglichkeiten frischen Gemüses auseinanderzusetzen. Räumt man Fleisch in der eigenen Küche nämlich nicht mehr so viel Platz ein, entdeckt man schnell, dass man eine Vielfalt an Geschmäckern bisher sträflich vernachlässigt hat.
*Anmerkung: Anhand eines vom IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) definierten Index werden andere Treibhausgase, wie Methan oder Lachgas, in CO2-Äquivalente umgerechnet und zusammengefasst, um für Vergleichbarkeit zu sorgen.
Weitere Informationen
Das Kochbuch findet ihr hier.
Toller Artikel. Danke Lea Moser. Macht Lust auf noch mehr Bewusstheit beim Einkaufen und Kochen und vermittelt vorallem: jede und jeder kann etwas tun ohne großen Verzicht. Mir als jahrzehntelange Butterliebhaberin viel es dank erstaunlich guter und so gut wie jedem Supermarkt-Regal vorhandene pflanzlich Alternativen echt nicht schwer umzusatteln. 🙂 ..und ein Blick aufs Ettiket, woher das Produkt stammt, geht mittlerweile auch ganz geschwind. Trotz beginnender Altersweitsichtigkeit 😉 Danke für diesen „Buchstaben-Input“….eine feine Erinnerung noch ein bisserl bei meiner ökologischen Brille nachzuschärfen.
[…] begann ich aus Klimaschutzgründen immer öfter vegetarisch zu essen. Ich änderte meine Einstellung, ich beschäftigte mich mit der […]