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,,Viel schlafen, viel Wasser und Yoga“ | Interview mit Johannes Eckerström von Avatar 

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Im Januar haben wir uns mit Johannes Eckerström von Avatar getroffen. Mit charmantem schwedischen Akzent hat er uns erzählt, wie Yoga ihm auf Tour hilft, wie es zu Liedern auf Deutsch und Schwedisch kommt, seine Erfahrungen mit Type O Negative und warum die Postproduktion des Film „The Legend of Avatar Country – A Metal Odyssey“ so lange gedauert hat.

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(c) Fero Zboray

Anna: Wie geht es dir heute?

Johannes: Gut. Wir haben drei Tage frei gehabt und fasst alle aus der Band sind nach Hause gefahren. Ich habe drei Tage mit meiner Frau und meinem Hund verbracht und praktischerweise auch eine Erkältung gehabt. Es ist angenehmer es zu Hause zu haben als hier. Heute geht es mir aber viel besser. 
Drei Tage frei in der Mitte einer Tournee, das ist ein sehr komisches Gefühl. Das haben wir früher nie gemacht. Das gibt einem so ein Gefühl, als hätte man eine Reunion „Das erste Mal auf einer Bühne zusammen seit Ende der 70er Jahre“ (lacht). Wir sind heute alle extra nervös, das heißt, es wird heute extra Spaß machen.

Anna: Ihr habt die Venue in Wien von der (Szene) Wien auf Simm City geupgraded und auch in vielen anderen Städten ist alles ausverkauft. Wie geht es im Allgemeinen mit der Tour?
Johannes: Sehr gut. Geupgraded und ausverkauft ist immer gut (lacht). Gut und unproblematisch!

Fero: Wie hält man sich auf der Tour fit?
Johannes: Viel schlafen, viel Wasser u
nd Yoga.

Anna: Yoga?
Johannes: Ein Typ von Yoga, der mehr Spaß macht. Ich bin seit meiner Kindheit ein Wrestlingfan. Es gibt einen Wrestler namens Diamond Dallas Page, natürlich, weil er ist ja ein Wrestler. Dieser hat für sich selbst, für seine eigenen Verletzungen, ein Rehab Programm. Es passt mir auch sehr gut. Es ist Yoga, aber auch ein paar andere Sachen dort rein gemischt. Das kann man überall machen, ob in einem kleinen oder großen Raum, draußen oder drinnen, das ist egal. E
s ist auf einer App. Es ist einer der Helden meiner Kindheit, der mir in die Ohren schreit, wie ich stretchen muss. Das ist gut.

Fero: Meditierst du auch, oder ist es „nur“ Yoga?

Johannes: Ich habe eine auch eine Meditationsapp und es war ein Neujahrsvorsatz, dass ich es mehr mache, weil wir ja alle wissen, dass es viel besser geht, wenn man diese Dinge regelmäßig macht. Dieses Jahr, muss ich zugeben, war ich noch nicht so gut drauf. Aber das ist einer meiner Ambitionen. Aber eigentlich, fit zu sein auf Tour, wenn man ein bisschen schlau ist und aufpasst, das ist nicht so schwer. Es ist, wenn man es mit meinem Leben zu Hause vergleicht, ein sehr geregeltes Leben auf Tour. Hier gibt es mehr Strukturen.

Anna: Im Sinne von einem Tagesablauf? Also, dass man weiß: Ok, ich muss um sieben aufstehen…?

Johannes: Ja, genau, also vielleicht nicht um sieben, ich versuche um elf aufzustehen, aber das ist schon früh genug, wenn man bedenkt, dass mein Arbeitstag erst um Mitternacht vorbei ist, danach muss man was essen und sauber werden, zum Bus gehen und so weiter. Aber es ist so, wenn man weiß, ok, in diesen zwei Stunden, ein bisschen kürzer als das, muss ich so toll wie möglich sein, dann organisiert man seinen Tag um diesen Zeitraum. Wann ist es am besten was zu essen, was isst man, und eben Yoga und Meditation. Auch solche Sachen wie Wasserflaschen rechnen, wie viel Wasser habe ich heute getrunken. All diese Strukturen, die hat man nicht, wenn man zu Hause ist. Also jedenfalls ich nicht. Da hat man andere Strukturen. Der Hund, die Frau, Freunde. Ich glaube für mich selbst ist es unterwegs leichter fit zu bleiben.

„People keep telling me I change, when I go on stage. They say it’s as if I become a different person.“ – Johannes Eckerström in „With Horns in the Air“ / (c) Fero Zboray

Anna: Gibt es einen Grund, dass ihr ein Lied auf Schwedisch und eines auf Deutsch habt?

Johannes: „Blod“ (Lied auf Black Waltz) war das erste Lied, dass nicht auf Englisch geschrieben worden ist. Es gab schon ganz lange den Riff und wir hatten schon ein paar Textarrangements versucht, aber es hat sich nie richtig angefühlt. Wir hatten dann herum gescherzt: Wäre es nicht lustig, etwas auf Schwedisch zu machen? Dann würde sich das ganze viel mehr „Punk“ anfühlen für uns als Schweden. Und dann hatte sich das Lied fast wie von selbst fertig geschrieben: „Förbannade jävla idiot!“ (schwedisch: „Verfluchter, verdammter Idiot“; Textzeile aus Blod) und dann war er plötzlich fertig. Und dann hatten wir eine ähnliche Situation mit „Tsar Bomba“ (Lied auf Hail the Apocalypse). Wir hatten den Riff und vieles schon fertig und hatten ein paar Grundideen für Texte. Da „Blod“ so gut funktioniert hat, dachten wir dann, „Ok, probieren wir das ganze auf Deutsch“, weil meine Mutter ist ja Deutsche.

Wie erklärt man das am besten? Es ist komisch, wenn man Ideen für den Text hat, dann kommt man plötzlich auf einen Gitarrenriff oder so und „Ah, ok, dann muss das Solo so sein“. Das ganze Lied hat sich plötzlich verändert und die Antwort war plötzlich da, bloß weil wir die Sprache geändert haben.

Auf Feathers & Flesh (Another Century, 2016) hat es, da es ein Konzeptalbum war, nicht gepasst, wieder ein nicht-englisches Lied zu schreiben. Dasselbe ist eigentlich mit Avatar Country (Century Media, 2018). Aber ich wohne jetzt in Helsinki, also ich habe die Ambition Finnisch zu lernen, aber es wird bestimmt noch 25 Jahre dauern, bis das klappt. Meine Frau ist aus Italien. Ich will irgendwann entweder ein finnisches oder ein italienisches Lied schreiben, oder beides.

Fero: Oder eine Italienische Oper (lacht) 

Johannes: Da bräuchte ich ja noch mehr Wörter. Da bleib ich lieber beim Punk… vier Wörter… 

Anna: Aber eine Metal Oper wäre doch mal was! 

Johannes: Da gibt es ja schon was von Avantasia The Metal Opera (AFM, 2001). Die haben das glaube ich 2001/2002 (Anm. der Red.: 2001) rausgebracht. Die hatten Gastsänger und alles, das war ein Big Deal in der Powermetalwelt! 

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Sneak Peak auf die Gitarre von Tim / (c) Fero Zboray

Anna: Ihr habt euch bis jetzt auf jedem Album eine Challenge gestellt. Ist auf dem neuen Album der Film die jetzige Herausforderung? 

Johannes: Ja, wir hatten sogar einen Kickstarter. Das ganze Album wird jetzt ein Film. Die englische Bezeichnung dafür ist ein Featurette. Ein Kurzfilm ist glaube ich laut Definition maximal 20 Minuten lang und ein Featurefilm  muss länger als, soweit ich weiß, eine Stunde sein und das hier wird ca. 40 Minuten haben. Damit ist es ein Featurette.

Fero: Es gibt glaube ich sogar eigene Festivals die solche Filme zeigen. Es gibt Kurzfilm Festivals und Langfilm Festivals und eben solche „zwischen-lang“Film Festivals.

Johannes: (lacht) Ja, genau, das ist so ein „zwischen-lang “ Film. Also, es ist jetzt alles fertig gefilmt und jetzt kommt die Postproduktion. Das wird ewig dauern aufgrund der Greenscreens. Es werden Musikvideos für alle Lieder auf dem Album sein und dann Storyelemente. Wir bauen da eine längere Geschichte zusammen. Das konnte man schon sehen mit „The King wants You“ und … wie hieß das andere noch mal?… „The King welcomes You to Avatar Country“. Das sind ja schon zwei Teile der Geschichte. 

Anna: Ich bin schon gespannt, was es mit dem Tattoo auf Tim´s Hintern auf sich hat.

Johannes: Es bleibt spannend. 

Auch der König selbst legt sich ins Zeug. / (c) Fero Zboray

Anna: Wird die Strecke des Kungen weitergeführt? Weil „King after King“ klingt sehr nach dem Ableben des Königs. 

Johannes: Wenn man den Text ganz genau ließt, dann kann man herauslesen, dass unser König natürlich magisch ist und dass er, wie „King after King“ sagt, immer neu geboren wird. Wir haben in Avatar Country sogar den Beweis gefunden, dass der König von Avatar Country ewig ist. Es ist schwierig, es genau zu wissen, weil am Ende sind die Jahresrechnungen von der Geburt Jesus Christus an, aber in Avatar Country ist jedes Jahr das Jahr des Königs. Es ist kompliziert, aber was ganz klar ist, ist, dass unser König mehrfach gestorben und wieder gekommen ist. Das ist natürlich der Beweis, dass die ganze christliche Religion vom König von Avatar Country inspiriert ist. 

Anna: In „King after King“, hört man da ein Akkordeon? 

Johannes: Da muss ich kurz überlegen (summt Melodie) Du meinst, dass es ein Akkordeon ist? 

Anna: Ich weiß es nicht, ich dachte bloß, es klingt so.

Johannes: Hmm, es kann sein, aber es war alles mit Synthesizern gemacht. Das macht ein Freund von uns, Aaron, er hat mit uns auf diesem Album und auf Feathers & Flesh gearbeitet. Wir sind seit wir Teenager sind befreundet und er hat uns sehr viel mit Arrangements geholfen, zum Beispiel beim Thema von „The King´s Speech“, dieses „Babaaababababumbaba“. Das habe ich zwar geschrieben, aber Aaron hat viel mehr Ahnung von Arrangements. Ich kann ihm dann einfach das Thema zeigen und er orchestriert es dann. Man hört Aarons Stimme auch ganz viel im Avatar Country Radio vor jedem Auftritt.

(c) Fero Zboray

Anna: Bei „The King welcomes You to Avatar Country“ ist das Erste, was mir einfällt, wenn man die Vocals am Anfang hört, „AC/DC“. 

Johannes: Ja, dass stimmt. Ich muss aber sagen, ja, es gibt einen ganz offensichtlichen AC/DC-Vibe, aber gleichzeitig, wenn es zu Oldschool-Rockgruppen kommt, die das inspiriert haben, dann wollte ich viel mehr in die Richtung von ZZ-Top gehen. Ich glaube nicht so viel im Gesang, aber der Groove, dass es so ein straightes „damdamdamdamdam“ ist. Wenn man sich zum Beispiel „Give me all your Loving“ von ihnen anhört, diese sehr straighten Achtelnoten, dass gibt es dort in der Rhythmusgitarre. Aber es ist immer eine Mischung und wenn man diesen Schrei am Anfang loslässt, dann erinnert es einen halt dann AC/DC. AC/DC waren übrigens mein erstes richtiges Konzert. Da war ich 14.  

Anna: Mein Vater meinte, es erinnert ihn an Guns´n´Roses. 

Johannes: Naja, ich bin ein größerer AC/DC Fans als Guns n‘ Roses Fan, ABER, als ich die Technik erlernt habe, weil es ist kein einfaches Falsetto (Anm. der Red.: eine höhere, durch Zusammenpressen der Stellknorpel erreichte, Stimmlage), sondern es spielt auch Growltechnik mit rein, keine Ahnung, wie man das nennen würde, da hat mich auch Appetite for Destruction (Geffen, 1987) sehr inspiriert. Axl Roses Stil war definitiv einflussreich, obwohl ich um ehrlich zu sein eigentlich wie Rob Halford (Judas Priest) klingen wollte. 

(c) Fero Zboray

Anna: Nach so einem Auftritt wie heute, tut euch dann der Nacken oder der Kopf vom Headbangen weh? 

Johannes: Nein, normalerweise nicht. Aber nach der ersten Show der Tournee schon. Man spürt Muskeln, von denen man nicht wusste, dass man sie hat. Es ist komisch, wir versuchen eigentlich alle physisch für die Tourneen vorbereitet zu sein….. ähm, also Yoga…. (lacht) und zu Hause zu singen, jedenfalls ich, die anderen spielen halt. Aber am ersten Tag auf der Bühne, da denkt man trotzdem immer, dass einem alles weh tut. Aber das ist nach ein paar Auftritten besser. 

Anna: Eine kurze Reise in die Vergangenheit: Du hast 2017 mit Type O Negative auf ShipRocked gespielt. Wie war das? Wie fühlt man sich da? 

Johannes: Also, wenn ich Zeitreisen könnte und mir das erzählen, als ich ein Teenager war, dann wüsste ich nicht, wie ich reagieren würde. Es ist surreal. Es war toll. Es ist auch ziemlich gut gelaufen. Weil ich bin ein riesen Type O Negative Fan und ich denke auch, dass es für meine Entwicklung sehr wichtig war, einen Sänger zu haben mit einer tiefen Stimme, in der harten Musik. Mittlerweile habe ich schon eine Technik mit der ich ein großes Register habe, aber als ich angefangen habe oder wenn ich in einem Chor singen würde, dann wäre ich Bariton oder Bass, ziemlich tief also. Es war wichtig zu sehen, „ok, es gibt schon geile Sachen mit tiefer Stimme, die ich auch mag“. Also Type O Negative, Johnny Cash und so, es hat mich sehr beeinflusst. Und der, der beim Auftritt Bass gespielt hat, Matt (Pop Evil), ist auch ein riesengroßer Type O Negative Fan und wir haben beide SEHR viel geübt und sehr sehr viel vorbereitet. Auf dem Auftritt kann man sogar hören, dass er es wie Peter bei „Bloody Kisses“ auf der Albumversion gemacht hat. Wenn es dort von diesem Heavy Teil wieder zurück geht zu diesem „Bumbombombombom“, zu dieser Bassline, da spielt Peter Steele eigentlich „falsch“, wenn man es genau nehmen würde. Er fängt zu schnell an und verringert dann das Tempo. Diesen „Fehler“ auf dem Album hat Matt sogar gespielt. Wir waren sehr vorbereitet und die Type O Negative Jungs waren mit Matt und mir sehr zufrieden. Und das ist einfach Wahnsinn es zu sagen, es laut auszusprechen. Sehr surreal. Es war sehr witzig und einer dieser Boni, die dieses Leben mit sich bringt. Da passieren solche Sachen. 

Anna: Ich würde Type O Negative eigentlich als meine Lieblingsband bezeichnen und habe es dann auf YouTube gesehen und war begeistert. 

Johannes: Es war auch wirklich cool. Ich werde es wahrscheinlich nie vergessen. 

Credit: Fero Zboray

Anna: Und zum Abschluss jetzt noch die drei bis fünf Alben, die dich am meisten beeinflusst haben

Johannes: Also am einflussreichsten ist eine bessere und schwierigere Frage als Lieblingsalben, weil Lieblingsalben ändern sich immer. Wenn ich zurück in der Zeit gehe, würde ich sagen, wenn ich nicht Keeper of the Seven Keys Part II (Noise, 1988) von Helloween gehört hätte, als ich so 12-13 war, dann wäre ich vielleicht überhaupt kein Metalhead geworden. Es war für mich das Wichtigste im Einstieg. Um mich überhaupt in Musik zu verlieben, in Rockmusik und den Gedanken, dass ich auch auf der Bühne stehen möchte, dafür waren die Beatles zuständig, es war die Combilation meines Vater, es muss das Rote Album (Apple, 1973) gewesen sein. Da war „She Loves You“ drauf. Entweder dieses Album oder Sgt. Pepper (Parlophone, 1967) für die Beatles. Dann Made Me Do It (Earache, 2000) von The Haunted. Es war mein Lieblingsalbum als wir angefangen haben zusammen als Band zu spielen. The Haunted waren damals und sind auch immer noch super wichtig. Ich hab immer geübt wie Marco Aro zu singen. John hat auch geübt wie Adrian Erlandsson Schlagzeug zu spielen. Die ganze Grundtechnik der Band baut darauf auf.
Wie viele waren das jetzt? Drei? Ok, Close to a World Below (Metal Blade, 2000) von Immolation. Dort hat Death Metal für mich zum ersten mal geklickt. Ich konnte damals sofort verstehen, was der Sänger gesungen hat. Danach wurde es sehr unwichtig, es zu verstehen, aber damit fing es halt an. Hmm, was könnte man als letztes nehmen? Vielleicht Physicist (InsideOut, 2000) von Devin Townsend. Also eigentlich alles von Devin Townsend. Ich bin ein riesengroßer Fan, aber mit Physicist fing es an. 

Also: Physicist, Made Me Do It, Close to a World below, Keeper of the Seven Keys Part 2 und das rote Compilation Album von den Beatles.

Anna: Dann sage ich vielen Dank. 

Johannes: Ich sage Danke.

Man muss natürlich ordentlich angezogen auf ein Konzert gehen! / (c) Fero Zboray

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