Die „Time is Thirsty“ Ausstellung in der Kunsthalle Wien nimmt uns mit auf eine Zeitreise #backtothe90s. Moderne Kunst wird mit alter verbunden. Was nun was ist, bleibt dem Besucher selbst überlassen.
Eine „Reise durch Raum und Zeit“ soll es sein und wahrlich ist die „Time is Thirsty“ Ausstellung in der Kunsthalle Wien eine umfassende Sinneserfahrung. Kein gewohnter, routinierter Museumsbesuch, denn beim Schlendern durch den großflächigen Ausstellungsraum mit der hohen Decke und den darin eingelassenen kleinen Fenstern muss man aufpassen, dass man nicht über eines der 1000 leeren Reagenzgläser stolpert, die überall verteilt sind. Nebenbei klingen aus den Lautsprechern ekstatische Elektro-Beats des italienischen Duos Vipra und ein unangenehmer oder auch interessanter Geruch (man ist sich da nicht ganz sicher) steigt einem in die Nase, währenddessen wird je nach Tageszeit das Licht gedimmt oder erhellt. „Time is Thirsty“ ist die Hinterlassenschaft des ehemaligen Kunsthallen Direktors Nicolaus Schafhausen, die am Abend des 30.10. mit einer Jam Session von Kurator Luca Lo Pinto eröffnet wurde.
Bunter Mix
Nach Luca Lo Pinto handelt es sich um einen “immersiven Raum, in dem die Grenzen zwischen den Jahrzehnten instabil werden“, tatsächlich fühlt man sich beim Betreten des Ausstellungsraums wie in einer anderen Dimension. Es ist ein Ensemble aus verschiedenen Kunstwerken. Alt wie neu. Die 90er Jahre, viel mehr noch die 1992er, das Gründungsjahr der Kunsthalle Wien, sollen Dreh-und Angelpunkt der Ausstellung sein. Eine raumgreifende Installation, die Kunst, Sprache, Duft, Sound und Mode miteinander verbindet. Viel weniger soll es jedoch eine die 90er Jahre würdigende Ausstellung sein, vielmehr ein Mix aus alten und neuen Kunstwerken, die sich in dieser Ausstellung vereinen.
Darunter die schwarzen, aufgeblasenen PVC Objekte von Franco Mazzucchelli, in die abstrakte Muster geprägt sind. In der Mitte des Raumes ein riesiger Fleck aus bunt-glitzernder Farbmasse. Künstlerin Ann Veronika Jannsens „Untitled (Blue Glitter)“ verändert seine Farbgebung, je nachdem aus welcher Position im Raum man es betrachtet. Oder eine „Anhäufung von Assemblagen mit herausquellendem Inneren“, die überdimensionalen und dadurch omnipräsenten Blessuren und Schnittwunden von Georgia Sagri, die an den Wänden verteilt sind.
Erleben statt Verstehen?
Aus welchem Jahr nun welches Ausstellungsstück stammt bleibt verborgen, ein kurioser Mix aus verschiedenen Einzelstücken. Man fragt sich bei dem ein oder anderen ausgestellten Artefakt: Was mag wohl dahinterstecken? Dies führt dazu, dass man zeitweise eher ratlos als gebannt durch den Raum wandert, ohne Infoschilder oder andere Anhaltspunkte wird dem Besucher die Möglichkeit entzogen, den roten Faden zu finden. Aber vielleicht soll es den auch gar nicht geben. Die Grenzen zwischen den Jahrzehnten verschwimmen, was alt ist, ist heute wieder modern. Trotz der Verwirrung ist man neugierig und lässt sich von der Musik weitertreiben. Das Erleben, die Sinneserfahrung steht im Vordergrund. Luca Lo Pintos These: Die 90er stellen auch einen Zeitpunkt in der Geschichte dar, seitdem nichts Neues mehr geschaffen wurde. Alles wiederholt sich in einer unaufhörlichen Zeitspirale. Die Zeitungsartikel an den Wänden aus dem Jahr 1992, jedoch in modernes Design getaucht, berichten von Straßenschlachten, dem Streit um weibliche Priester und von Gummienten, die die Meere verschmutzen. Klingt eigentlich ganz vertraut, oder?
Die Ausstellung läuft noch bis zum 26.01.2020
Preise: Regulär 8€/Studierende 2€
http://kunsthallewien.at/#/de
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