Sie bieten komplexen Sachverhalten ein lockeres Format und Geschichten einen visuellen Rahmen. Sie sind die Bilderbücher der (jungen) Erwachsenen: Graphic Novels. Fünf Leseempfehlungen zum Thema „Queerness“.
1. Queer – A Graphic History – Meg-John Barker und Julia Scheele (Icon Books)
Eine von Illustrationen begleitete Themensammlung rund um Queerness, die einen Überblick über die Inhalte der Geschlechterforschung gibt. Obwohl die kurzen Beiträge keiner alphabetischen Reihenfolge folgen, kann in Hinblick auf die vielen Begriffe, die hier erläutert werden, von einer Enzyklopädie gesprochen werden. Verhaltensweisen und popkulturelle Phänomene werden ebenso erläutert, wie historische Ereignisse und Persönlichkeiten, die für die queere Community von zentraler Bedeutung waren. Ideale Einstiegslektüre für alle, die sich Fachwissen aneignen möchten, ohne ein Gender-Studies-Studium zu beginnen.
2. Der Ursprung der Liebe – Liv Strömquist (avant-verlag)
Wer sich kritisch mit dem Phänomen Liebe auseinandersetzen will und in kürzester Zeit in queeren Diskurs eintauchen möchte, ist hier richtig! Anhand von Personen des öffentlichen Lebens und wissenschaftlichen Forschungen wird argumentiert, inwiefern heterosexuelle Liebesbeziehungen einem kulturellen Skript folgen, das die Gesellschaft über mehrere Jahrhunderte konstruiert hat. In frechem Unterton desillusioniert die Erzählung über die Einzigartigkeit von Liebe und über alles, was wir dachten über Partnerschaften zu wissen. Diese (mit Quellen hinterlegte) Dekonstruktion zu verkraften, wird dank Humor und lockerer Strichzeichnung möglich gemacht.
3. Body Music – Julie Maroh (Arsenal Pulp Press)
Ganz nach dem Motto „Liebe kennt kein Geschlecht“ werden hier Kurzgeschichten über Zwischenmenschlichkeiten erzählt, die mit wenig Text auskommen und mit schönen Zeichnungen bestechen. Es geht um Selbstzweifel, Ängste, Erwartungen und Bedürfnisse und um all die anderen Gefühle, die bei der Begegnung mit anderen Menschen hochkommen können. Zwischen dem Aufeinandertreffen von Fremden und den Entwicklungen innerhalb einer Beziehung wird dabei kein Unterschied gemacht. Am Ende ist das Identifikationspotential mit den Charakteren so groß, dass die aufgezeigte Vielfalt an Beziehungsformen und sexuellen Orientierungen fast beiläufig erscheint.
4. Unerschrocken (Buchreihe) – Pénélope Bagieu (Reprodukt)
Die Suche nach weiblichen Vorbildern ist vorbei, denn hier heißt es: Raus aus dem Schatten, ab ins Rampenlicht! Mit Einsatz von viel Farbe werden hier kapitelweise Frauen gezeigt, die von der patriarchalen Geschichtsschreibung verschluckt wurden. Rasch lernen wir über ihren Hintergrund, ihre persönliche Entwicklung und ihr politisches Engagement. Es ergibt sich ein Gesamtbild, das alle Zweifel über die Bedeutung ihrer Taten aus dem Weg kehrt. Ob als Klolektüre oder Gute-Nacht-Geschichte, die kurzen Portraits können häppchenweise genossen werden…immer wieder, bis alle Namen memoriert sind!
5. The Essential Dykes to Watch Out For – Alison Bechdel (Houghton Mifflin Harcourt Company)
Die zusammengetragenen Comicstrips bieten Einblicke in den Alltag von Personen, die im Herzen der lesbischen Community verankert sind und auf verschiedene Arten miteinander in Beziehung treten. Abseits von Heteronormativität wechseln sich politische Statements mit persönlichen Reflexionen ab – der Zeitpunkt dazu scheint immer zu passen. Schon bald werden wir Teil des Vielecks, das alle Personen miteinander verbindet. Wir beobachten die dargestellten Personen nicht mehr, sondern fühlen uns als Teil ihrer Gruppe. Nach so viel erforschtem Innenleben ist es beinahe unmöglich, nicht selbst in Kontemplation zu verfallen und die eigene Umwelt kritisch zu hinterfragen.
Titelbild © Icon Books
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Architekturstudentin aus Wien &
Mitglied des CLAIMING*SPACES Kollektivs,
stets im Spagat zwischen den Welten