Zwei Dr. Marios untersuchen ein übergroßes Computer-Rendering des Coronavirus

OldMacMario’s Farm #5: Oh My Darling, Quarantine

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Der Coronavirus blockiert das öffentliche Leben, und während Dr. Marios reale Kollegen das mikroskopische Monstrum ebenso genau (aber hoffentlich mit Mundschutz) studieren wie unser virtueller Lieblings-Virologe in der Montage oben (Bildelemente: Nintendo, Wikipedia), um medizinische Gegenmaßnahmen zu entwickeln, sitzt unsereins in Quasi-Quarantäne. Was also tun? Zocken!

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Denn so unschön die Situation auch sein mag, macht sie ein fesselnder Zeitvertreib zumindest etwas erträglicher: Umso mehr, da wir (anders als die braven Bürger von Gotham in den Arkham-Spielen, die sich darauf verlassen können, dass jede Ausgangssperre am nächsten Morgen schon wieder vorbei ist, da Batman des Nachts mit sämtlichen Bedrohungen den Boden aufgewischt hat) keine Ahnung haben, wie lange dieser Zustand noch anhalten wird.

In PC- und Konsolen-Download-Shops warten jedenfalls Unmengen an Indiegames aus aller Welt, die bequem und frei von Ansteckungsgefahr erworben werden können, ohne das Haus zu verlassen! Im Folgenden sollen drei besondere Generation N-Empfehlungen hierfür aus dieser Masse herausgegriffen und euch kurz vorgestellt werden.

  • Getestete Versionen: Switch
  • Screenshots: Generation N (via Switch-Screenshot-Funktion)
  • Auflistung aller Versionen: Siehe Artikel-Ende

Platz 3: The Count Lucanor (Merge Games / Ratalaika / Baroque Decay, 2016)

Das "The Count Lucanor"-Titelbild: Der mittelalterlich gekleidete kleine Hans blickt ängstlich mit einer brennenden Kerze in der Hand in die Kamera, neben ihm schwebt ein Kobold im Narrenkleid.

Worum geht’s? In einer mittelalterlichen Märchenwelt lebt der zehnjährige Hans mit seiner Mutter in einer ärmlichen Hütte und fasst den Entschluss, mit dem letzten bisschen Geld und Proviant in die Welt hinaus zu ziehen, sein Glück zu machen und die Armut der Familie zu beenden. Da kommt ihm die Herausforderung des mysteriösen Grafen Lucanor wie gerufen: Wer den Namen seines koboldhaften Dieners herausfindet, soll reich belohnt werden! Aber während Hans im Wettstreit mit einigen anderen Glücksrittern das Grafenschloss nach Hinweisen absucht, wird die Situation immer bedrohlicher, unheimlicher und grotesker…

Wie spielt’s sich? The Count Lucanor mischt Schiebe- und Item-basierte Rätsel klassischer Adventure-Machart mit Geschicklichkeitseinlagen (wie der Weg durch einen „feurigen“ Raum), Schleichpassagen und diversen Survival Horror-Elementen, wobei auch „moral choices“ und mehrere Enden nicht fehlen dürfen. Aggressiven Kreaturen sollte Hans aus dem Weg gehen – er kann nicht kämpfen.

"The Count Lucanor"-Ingame-Screen in stilisierter Pixeloptik: Hans, ebenfalls mit brennender Kerze in der Hand, wird im Grafenschloss gerade von einem Monster mit Maske und Kapuzenmantel entdeckt.
Der Esel ist harmlos, aber vor dem Kuttenträger hätte sich Hans besser hinter dem Vorhang versteckt: Unter seiner Maske verbirgt er nämlich groteske Tentakel, die gleich auf den Ärmsten zuschnellen werden!

Lasst euch nicht von der sehr retro erscheinenden Grafik abschrecken: Das Spiel ist atmosphärisch ein Hammer! Schon das spielbare Intro ist famos inszeniert: Hans‘ Reise scheint anfangs noch sehr klassisch-märchenhaft, doch sobald die Nacht hereinbricht, wandelt sich die Welt, wie er sie kennt, mitsamt den Bewohnern zu einem alptraumhaften Zerrbild ihrer selbst! Das Lucanor-Schloss, in dem der Hauptteil des Spiels stattfindet, bringt dann eine gewisse Prise Normalität mit sich, die auf ihre Weise aber alles noch beunruhigender macht: So verkündet der redegewandte Kobold, dessen Namen es zu erraten gilt und der als eine Art Spielleiter fungiert, zu einem Zeitpunkt völlig gelassen, dass von nun an des Grafen „Faktoten“ das Gemäuer patrouillieren – mordlustige Monstrositäten, deren schwere Schritte und Getuschel euch trotz einfacher akustischer Mittel im Gedächtnis bleiben werden!

Mit Flair, Sounddesign und der stetig düsterer werdenden Story (Gute deutsche Übersetzung!) mag das nicht rasend originelle Gameplay nicht mithalten können, aber spaßig ist es allemal und unterstüzt das bedrohliche Narrativ gelungen durch Item-Knappheit: Kann ich mir es leisten, hier eine Kerze zu platzieren, um die Dunkelheit zu erleuchten, oder spare ich sie mir lieber noch auf? Heile ich mich jetzt mit Proviant, oder halte ich noch einen Treffer aus? Kaufe ich mit einem Goldstück dem reisenden Händler etwas ab oder werfe ich sie in den Rabenbrunnen, um mein Spiel zu speichern? The Count Lucanor mag mit nur ein paar Stunden Spielzeit für einen Playthrough leider ziemlich kurz sein, aber bleibt dafür während jeder Minute hochspannend!

Platz 2: Ittle Dew (Ludosity, 2014)

Das "Ittle Dew"-Titelbild: Eine Insel mit knorrigen Bäumen und Vulkan vor blauem Himmel ist zu sehen.

Worum geht’s? Wäre Link ein Mädchen, Navi ein Fuchs mit Feenflügeln und würden beide das Abenteurerdasein wesentlich lockerer und selbstironischer nehmen, würde Ittle Dew herauskommen: Tatsächlich pitchte Ludosity das Projekt ursprünglich als 2D-Zelda an Nintendo, bevor sie vom Mario-Konzern dazu ermutigt wurden, ein eigenständiges Franchise daraus zu machen. Im Endprodukt stranden Protagonistin Ittle und Sidekick Tippsie auf einer seltsamen Insel und wollen wieder weg – leider befindet sich das einzige Floß weit und breit im Besitz eines skurrilen Ladenbesitzers und Piraten, der es nur im Tausch gegen ein ominöses Artefakt hergeben will, das im höchsten Stockwerk einer mysteriösen Burg voller Gefahren verborgen sein soll…

Wie spielt’s sich? Von Gegnerverhalten bis Items sind die Zelda-Hommagen deutlich merkbar, aber Ittle Dew setzt auch starke eigene Akzente: Der Fokus liegt noch wesentlich mehr auf Puzzles als es bei Links ohnehin bereits rätsellastigen Abenteuern der Fall ist! Und dass die vielen Schiebe- und Schalterrätsel so viel Spaß machen, ist nicht zuletzt auf euer kleines, aber sehr feines Item-Arsenal zurückzuführen…

"Ittle Dew"-Ingame-Screen in Comic-Optik: Ittle, eine junge Abenteurerin in Wams und kurzer Hose, kämpft in einer Burg mit einem Flammenschwert gegen seltsame Gestalten in Tierkostümen.
Euer Feuerschwert kommt nicht nur gegen die verrückten Gegner zum Einsatz: Es kann auch Bombenlunten anzünden, Eis schmelzen und vieles mehr!

„Ittle Dew destilliert das klassische Adventure-Format, bis nur noch Spaß übrig ist“, so heißt es in Ludositys Eigenbeschreibung in den Download-Shops – und bei allem Eigenlob hat das Team durchaus nicht unrecht: Leerlauf sucht ihr hier vergebens! Die Oberwelt ist kompakt, aber voller Geheimnisse, und in fast jedem Zimmer des riesigen Schlosses warten ein oder sogar mehrere coole Rätsel; hin und herpendeln dürft ihr auch über komfortabel verteilte Teleporter. Mit hier gefundenen Schätzen bezahlt ihr den Piraten für den Zugang zu drei kleineren Extra-Dungeons, in denen ihr jeweils ein wichtiges Item findet, das wiederum neue Wege im Gemäuer öffnet; und sobald ihr alle habt, steht euch auch die sauschwere optionale „Master Cave“ offen: Alles verdammt motivierend und vollgestopft mit Content!

Zelda-Fans dürften die seltenen Bossfights, das spaßige, aber wenig Finessen erlaubende Kampfsystem und die kurze Spielzeit kritisieren (auch ein 100%-Playthrough landet wahrscheinlich nicht ganz im zweistelligen Stundenbereich), aber werden die Rätsel und Items lieben: Es gäbe genug tolle Beispiele, wie vielfältig sich die Möglichkeiten von Feuerschwert, Eis- und Teleportzauberstab kombinieren lassen, die hier genannt werden könnten, aber es macht mehr Spaß, wenn ihr diese selbst herausfindet. Und während die „wackelige“ Cartoongrafik (gameplayrelevante Objekte und Figuren wabbeln ständig leicht hin und her) und die (absolut bewusst) völlig behämmerte Story, die euch vorrangig gegen Battaillonen von grantigen Mädchen in albernen Tierkostümen antreten lässt, die alle „Jenny“ heißen (ja, wirklich), nicht jedermanns Sache sein dürfte, sprüht beides nichtsdestotrotz vor Charme!

Platz 1: Iconoclasts (Bifrost Entertainment / Joakim „Konjak“ Sandberg, 2018)

Das "Iconoclasts"-Titelbild: Zahlreiche Charaktere sind zu sehen, darunter Protagonistin Robin, ein blondes Mädchen mit einem riesigen Schraubenschlüssel über der Schulter.

Worum geht’s? Die 17jährige verwaiste Mechanikertochter Robin lebt in einer Welt, die von dem „One Concern“ beherrscht wird: Als Theokratie und Mega-Konzern zugleich besitzt er ein Monopol auf die Förderung der „Ivory“-Energie aus dem Planeteninneren, die sämtliche moderne Technik antreibt. Ebenso forciert er einen Ständestaat, der Berufe vorschreibt und unter Androhung der Todesstrafe reglementiert, was meist zu ängstlicher Fügung, aber auch zu einem Zulauf für sich dieser Regeln verweigernder Rebellen führt, welche der Konzern nur abschätzig „Pirates“ nennt. Eines Tages wird die gutmütige Robin, die offiziell nicht als Mechanikerin arbeiten darf, in ihrem Dorf bei einer völlig harmlosen Reparaturaktion von skrupellosen Konzernagenten ertappt und alles läuft komplett aus dem Ruder…

Wie spielt’s sich? Mega Man Zero trifft Metroid Fusion: Temporeiche, auf jeweils einer Nah- (Riesen-Schraubenschlüssel) und Fernkampfwaffe (aufladbare Laserpistole) basierende Action trifft auf prinzipiell offene Areale voller Geheimnisse, deren Zugang aber immer wieder durch dynamische Storyentwicklungen geregelt wird, und Ausrüstungs-Upgrades, die zuvor besuchte Abschnitte nach Erhalt in ganz neuem Licht erscheinen lassen können (z. B. Elektro-Schraubenschlüssel für Strom-Rätsel). Und massig coole Bosse warten!

"Iconoclasts"-Ingame-Screen in detaillierter Pixeloptik: Robin und ihre Mitstreiterin Mina kämpfen gegen einen riesigen Roboter-Boss.
Manchmal wird Robin von hilfreichen NPCs begleitet: Hier ballert „Piratin“ Mina auf den Schwachpunkt des riesigen Regierungsroboters, während unsere Heldin das Metallungetüm per Schraubenschlüssel kurzzeitig festsetzt!

Einen Konzern, der quasi die Lebensenergie des Planeten selbst zwecks Energiegewinnung absaugt und damit ignorant den Weltuntergang näher rücken lässt, hatten wir bereits in Final Fantasy VII, und böse Kirchen (wie etwa St. Eva in Breath of Fire II) sind auch nicht gerade etwas Neues – so wirkt die Iconoclast-Ausgangssituation mit dem „One Concern“ als Fusion beider Konzepte ganz zu Beginn nicht einfallsreich. Aber verdammt, täuscht dieser Eindruck! Mastermind Joakim Sandberg, der das Spiel im Zuge von sieben Jahren im Alleingang (!) aus der Taufe gehoben hat, wartet im Spielverlauf mit immer neuen storymäßigen Facetten und Details auf und zimmert eine ebenso glaubwürdige wie oft in erschreckender Weise an unsere reale Geschichte erinnernde Sci-Fi-Story voller fesselnder – oft ziemlich heftiger – Wendungen. Ja, bei einer einzigen spezifischen Wendung (Ihr werdet sie erkennen, sobald ihr sie mitbekommt!) mag es, frei nach Pinky und dem Brain, Geschmackssache sein, ob man sie brillant oder eher geisteskrank findet (Der Schreiber dieser Zeilen tendiert zu: „Beides!“), aber kreativ ist sie, ohne zu viel zu verraten, allemal.

Das Beste: Während Lucanor vorrangig in puncto Story und Ittle Dew primär mit seinem Gameplay punktet, begeistert Iconoclasts in beiden Disziplinen gleichermaßen (ganz abgesehen von der schicken Grafik im SNES- / GBA-Stil und der Ohrwurm-Musik)! Tolle Rätsel, gelungene Kampf-Moves, viele einfallsreiche Bosskämpfe (Teils etwas zu leicht, aber spätestens bei den zwei versteckten Extra-Bossen wird es richtig knifflig!) und motivierende Erkundung über 10-15 Stunden begeistern auf der einen, Plot und Inszenierung auf der anderen Seite: Gerade die Kunst, mit der Zeit immer mehr Facetten von auf den ersten Blick eher eindimensional „gut“ oder „böse“ wirkenden Charakteren und Gesellschaften zu offenbaren und für Graustufen zu sorgen, beherrscht Sandberg. Ein Beispiel seien die „Piraten“: Als Freigeister, die sich der Diktatur gegenüberstellen, ihre Freunde nie im Stich lassen und in einer enorm coolen schwimmenden Stadt leben, wirken sie erst wie die „good guys“ schlechthin…bis ihr ihren omnipräsenten, extrem an Fortpflanzung gekoppelten Ahnenkult mitbekommt, ihr Getuschel hört, Kinderlosigkeit wäre eine „Strafe der Ahnen“ und das Spiel ebenso subtil wie effektiv thematisiert, wie unerträglich eine solche Gesellschaft für all jene ist, die nicht in das klassische Rollenbild „gemischtgeschlechtliches Paar mit Kinderwunsch“ passen! Und andererseits entpuppt sich auch mal ein Bösewicht als tieftragische Figur.

Aber um nicht auf einer zu düsteren Note zu enden: Eine kurze Schleichmission zu Spielbeginn, in der Robin darauf warten muss, dass Konzernsoldaten im Nebenzimmer wundervoll schlechte Wortwitze bis zur Pointe erzählen, um sich dann gen Ausgang aufzumachen, während das Soldatengelächter die knarzenden Bodenbretter übertönt, ist (wie auch die – trotz aller Dramatik reichlich vorhandene – Situationskomik anderswo) einfach köstlich geraten!

Würfelförmige pixelige Katze

Vielen Dank fürs Lesen und hoffentlich bis zum nächsten Mal sagen Kolumnen-Katz und Old!


Alle drei vorgestellten Spiele sind digital für PC und Switch erhältlich; The Count Lucanor und Iconoclasts ebenfalls jeweils für PlayStation 4, PlayStation Vita und Xbox One, Ittle Dew stattdessen für Wii U und iPhone / iPad.

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Herausgeber des "Generation N"-Printmagazins und generation-n.at-Videoredakteur, Germanist, Informatiker, Videospielfreak seit Kindergartentagen, auch Kino, Comics und dem Basteln von seltsamen Kurzfilmen nicht abgeneigt sowie stolzer Absolvent eines Wochenend-Intensivkurses der Clownerie.

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