Endlich fertig mit dem Studium, aber keine Ahnung, was man mit dem neu gewonnenen Titel anfängt? Wie wäre es mit einer sechsjährigen Weltumrundung? Sabine Hoppe und Thomas Rahn haben sich genau das gedacht und reisten 2009-2015 durch die Weltgeschichte. Zehn Jahre nach dem Start ihrer Reise erschien nun ihr Reisebericht bei Malik (Piper).
Titelbild © Piper Verlag
Die beiden waren schon in der Schule zusammen, danach studierte Sabine Malerei und Thomas Architektur. Bereits während des Studiums zog es sie mit dem Rucksack in ferne Länder. Nun sollte es aber doch eine Weltreise sein – dass es dann ganze sechs Jahre wurden, haben sie nicht geahnt.
Paula, ein Mercedes LKW des Jahrgangs 1977, wird – umgebaut zu einem Wohnmobil – ihre treue Begleiterin für 120 000 km. Alles was man einem Auto so zumuten kann und nicht zumuten kann, muss Paula mitmachen, denn so eine Weltreise besteht nicht nur aus Zuckerwatte und frischem Asphalt. Die beiden entgehen nur knapp einem Bürgerkrieg, fahren sich nicht nur einmal im Sand fest – und kommen doch immer wieder los, treffen einen italienischen Missionar in Asien, gleichgesinnte Wohnmobileuropäer*innen in Peru und einen verrückten Isländer in den USA.
Wir suchen weiter nach einem Platz für die Nacht. Wir sehen es als gutes Omen, als wir kurz vor der einbrechenden Dunkelheit einen Stellplatz auf einer Klippe entdecken, der weder eingezäunt noch mit dem typischen Schild „Kein Durchgang! Auf Eindringlinge wird geschossen! Aus Überlebende wird erneut geschossen!!!“ versehen ist. (USA)
So kommen sie von Asien über den gesamten amerikanischen Kontinent bis nach Feuerland – und haben noch nicht genug. Denn Afrika liegt bekannterweise auf dem Rückweg nach Amberg, Oberpfalz.
„Betteln ist Volkssport“
In Südafrika begegnen die beiden einem schockierenden Rassismus: Apartheid bleibt bis heute in den Köpfen der Menschen verankert. In Äthiopien wiederum finden sie sich als weiße Europäer*innen schnell in einer Schublade. Denn weiß bedeutet reich, und das bedeutet, dass sie etwas abzugeben haben. Wer darf darüber urteilen?
Wie kann oder soll man als Reisender unter diesen Umständen den Menschen begegnen? Erfüllt man den Kindern den Wunsch nach Süßigkeiten, oder verteilt man als gesundheitsbewusster Europäer lieber Äpfel? Wem gibt man und wem nicht, wenn die Armut in jeder Hütte zu Hause scheint? Ist eine kleine Gabe besser als nichts, oder betäubt man damit nur das eigene schlechte Gewissen, in einer anderen, wohlhabenderen Welt geboren zu sein? (Lesotho)
Sabine und Thomas haben unglaublich viel Unglaubliches zu erzählen. Das Buch zeigt aber auch, wo der Reiseliteratur ihre Grenzen gesetzt sind. Die Dimensionen dieser Weltreise können einfach in einer annehmbaren Buchgröße nicht festgehalten werden. Ganze 54 Länder sind untergebracht. Innerhalb von zwei Seiten hat man ein ganzes Land durchquert, nach 50 Seiten ist man schon in Turkmenistan. Am Ende ist nicht zu fassen, dass man die beiden gerade sechs Jahre begleitet hat. Der Fokus liegt dabei auf den Reiseumständen. Um eine Chance zu bekommen, in eine Kultur schriftlich tiefer einzutauchen, bräuchten sie drei Bücher.
Praktischerweise steht auf jeder Seite das Land, in dem man sich gerade befindet, denn zwischendurch scheint die Welt doch zu einem großen Ganzen zu verschwimmen. Abgerundet mit Karten und Farbfotos ein schönes Geschenk für alle Weltreiseanwärter*innen.
Weitere Informationen
Das Buch findet ihr hier.
Aus dem Ruhrgebiet. Studentin der Komparatistik und der Kommunikationswissenschaften.