Stefanie Sargnagel, Österreichs vielleicht bekannteste Internetpoetin, hat ihren ersten Roman geschrieben: Dicht ist eine herrliche Hommage an den Müßiggang und Randfiguren eines Wiens jenseits von Postkartenklischees.
Titelbild: (c) Zarah Weiss
Dicht. Aufzeichnungen einer Tagediebin heißt Stefanie Sargnagels Debütroman mit vollem Titel und er sollte am besten nicht in einer Bibliothek gelesen werden: laute Lachgefahr. Die Autorin erzählt vom Aufwachsen in Wiens Randbezirken, vom Schuleschmeißen, vom Rausch, von Abenteuern und von tiefer Freundschaft. Das ist natürlich nicht immer alles lustig, sondern teilweise sogar sehr brutal – es kommt zu Übergriffen und schlimmen Begegnungen – aber diese Mischung führt ganz nah heran an ein Wien, dem der neoliberale Rest der Welt egal sein kann. Statt in die Schule geht die Protagonistin in den Park und trifft sich dort mit allerlei gestrandeten und genialen Figuren. Einer von ihnen nimmt eine zentrale Rolle ein: Die Wohnung von „Michi“ wird schnell zum Bezugspunkt für die befreundete Gruppe. Michi, selbst riesiger Georg-Kreisler-Fan, dessen Sprachwitz seinesgleichen sucht, ist derjenige, der die Welt der Gruppe im Innersten zusammenhält. Ihm widmet die Autorin auf der letzten Seite eine Erinnerung. Dicht ist eine Hommage – an ihn und an das Wien der Nullerjahre, an den zärtlich-schrecklichen Dialekt, an Außenseiter*innen, an rauchige Beisl und an die Freundschaft.
Am Ende wird sie all ihre Zeichnungen aus den Schulheften in ein Billa-Plastiksackerl schnüren, „KUNST“ darauf schreiben, sich damit an der Akademie der bildenden Künste bewerben und tatsächlich angenommen werden. Der Rest ist bekannt: Sargnagel gilt heute als gefragte Autorin, die beim Ingeborg-Bachmann-Wettlesen den Publikumspreis gewann und Stadtschreiberin von Klagenfurt war.
An vielen Stellen lässt sich lachen und weinen gleichzeitig. Stefanie Sargnagel beobachtet genau, sie erzählt bunt und sie urteilt nicht. Stattdessen lehrt sie das Zuhören und bringt viele verschiedene Lebensgeschichten an die Oberfläche. Das alles ist natürlich sehr dicht und sehr berauscht. Es ist vor allem aber sehr herrlich und ein absolutes Lesevergnügen. Um noch einen weiteren Einblick in dieses Buch zu geben, sprechen diese Lobeshymnen auf dem Cover – von der Nobelpreisträgerin bis zum Punkrockstar – für sich:
„Dass es sowas noch gibt, ich glaub’s nicht! Ein wirklich neuer Ton in der Literatur: hier ist er.“ – Elfriede Jelinek
„Vermutlich ist Frau Sargnagel nach Frau Jelinek die von Nazis meistgehasste Frau Österreichs. Wobei dazu nicht viel gehört. Frau sein langt. Und wenn diese Frau sich auch noch über das Patriarchat und exhibitionistische, Hemingway darstellende, glatzköpfige Schriftsteller (googeln Sie das!) lustig macht, ist die Sache gelaufen.“ – Sibylle Berg
„Kann Stefanie Sargnagel bitte auch ein Buch über meine Jugend schreiben? Das wäre schön!“ – Bela B Felsenheimer
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Stefanie Sargnagel findet ihr unter anderem auf ihrer Website und bei Twitter.
Schreibt, seit sie sich erinnern kann. Stationen in Leipzig und Kopenhagen (Philosophie, Kultur und Film). Literaturwissenschaftlerin.