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Will ich eine Powerfrau sein?

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Ich mag Feminismus. Immer mehr Frauen und Mädchen setzen sich für sich selbst ein. Wir wissen um unseren Wert und fordern die gleiche Wertschätzung, wie sie auch unsere männlichen Kollegen bekommen. Das gefällt mir, so soll es sein. Oder eher so sollte es sein.

Trotz vieler Bemühungen und gesetzlicher Vorgaben müssen wir Frauen sehr um unsere Rechte und unser Ansehen kämpfen. Wir versuchen ständig, die starke, selbstbewusste, (junge) Frau zu sein. Aber muss ich wirklich die ganze Zeit stark sein? Darf ich nicht auch einmal nachlassen und nicht kämpfen müssen? Kann ich schwach sein? Darf ich schwach sein?

Eigentlich möchte ich das Wort schwach nicht benutzen. Es ist negativ behaftet und klingt nach aufgeben. Im Kontext der heteronormativen Geschlechterrolle gibt es zusätzlich dem „starken Mann“ recht. Und während sanft zu sein nichts Schlechtes ist, wird es dabei auch eher als Schwäche angesehen. Stärke und Schwäche sind aber keine fixen Attribute und schon gar nicht genderspezifisch. Es bezeichnet eher Fähigkeiten, die man/frau besser oder schlechter beherrscht. Und den Kampf für Sichtbarkeit und Wertschätzung müssen Frauen beherrschen (können). Das ist durchaus kräfteraubend.

Es beginnt meistens schon im Kindesalter. Ich musste mir mit 12 Jahren in einer meiner ersten Physikstunden den Kommentar meines Lehrers: „Wieso interessierst du dich für Physik und Astronomie? Du bist doch ein Mädchen“, anhören. In der Oberstufe gab ein weiterer Lehrer lieber den Jungs recht als mir, selbst wenn ihre Antwort nicht ganz richtig war und meine korrekt. Während das Geschlechterverhältnis im Astronomiestudium relativ ausgeglichen ist, merkt man in Physik (noch stärker an der TU Wien), dass Mädchen und Frauen eindeutig in der Unterzahl sind. Persönlich hatte ich als Frau hier nicht mit Diskriminierung zu kämpfen – meines Glückes bin ich mir wohl bewusst – aber es hat mich dazu verleitet, mich mehr zu bemühen. Wir strengen uns mehr an, weil wir dem eigenen und sozialem Druck unterliegen, sodass wir nichts Halbherziges abliefern wollen. Nur höchste Qualität, sonst würde sich ja das Stereotyp bestätigen, dass Frauen doch zu weniger taugen als Männer, oder?

Ich sehe mich selbst als eine starke, junge Frau. Anders könnte ich mich auch nicht beschreiben. Oft habe ich das von anderen gehört oder selbst zu anderen Frauen gesagt. Das ist auch gut so, wir wollen uns ja gegenseitig stärken. Aber jetzt Achtung, unpopular opinion incoming: Inzwischen habe ich den Eindruck, als feministischer Mensch fühlt man sich dazu verpflichtet, das zu einer Frau zu sagen. Es wirkt nur noch wie eine Floskel, wie eine fixe Beschreibung: der Wald ist grün, der Himmel blau, die Frau stark. Um ganz ehrlich zu sein, ich bin es leid, es dauernd zu sagen. Ich bin es leid, es ständig zu hören. Und ich bin es leid, durchgehend mit voller Kraft durchs Leben zu fahren. Ich möchte einmal auch nicht „die starke, junge Frau“ sein müssen. Meine Kraftreserven sind nicht unendlich groß. Nach zwölf Jahren Schule und sieben Jahren Studium bin ich müde. Ich bin kaputt. Auf die Frage, wie es mir geht, kommt die Lüge „Jo eh“ locker-flockig von der Zunge. Und obwohl es mir an nichts fehlt, geht es mir nicht gut. Manchmal würde ich mich einfach gerne an einer männlichen Schulter ausheulen. Würde ich aber nie zugeben. Enttäusche ich mit solchen Gedanken nicht alle Mitkämpferinnen? Haben dann nicht die alten, weißen Männer recht? Bin ich dann noch Feministin?

Antworten: Nein, nein und ja. Ich darf nachlassen. Nachgeben ist nicht dasselbe wie aufgeben. Ich darf auf meine geistige und damit auch körperliche Gesundheit achten. Wie einem Akku steht es auch mir zu, mich wieder aufzuladen. Wenn ich das durch Ausheulen bei einem männlichen Gefährten mache, ist das in Ordnung. Wenn ich einmal nicht 200 Prozent gebe, ist das in Ordnung. Lasst mich doch. Ich muss und kann nicht 24/7 unter Hochdruck Leistung erbringen. Ich darf einfach nur ich sein. Und ich bin deswegen nicht schwach. Auf sich achtzugeben, ist eine Form von Stärke, allerdings eine, die mir keine Kräfte raubt, sondern sie mir wieder zurückgibt. Klingt vielleicht nach träumerischem Gefasel, wer so denkt, bitte. In einer idealen Welt, in der alle gleich behandelt werden, müssten wir das gar nicht diskutieren. Es ist ein Ansatz, auf den wir in unserer realen Welt hinarbeiten können. Übrigens müsst auch ihr lieben Männer nicht immer den starken Mann geben. Auch euch steht es zu, kein Ideal oder eine veraltete Vorstellung erfüllen zu müssen. Ihr dürft euch auch an Schultern geliebter Menschen ausweinen. Niemand von uns ist deswegen weniger stark oder wert. Für uns alle würde ich mir wünschen, dass wir einmal auch nicht stark sein müssen, sondern, können, wenn wir wollen.


Titelbild (c) pixabay/Humusak

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