Mensch geht eine Straße entlang

VorLaut – US-Wahlkampf: Ein Trauerspiel

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Weil es jede Woche etwas gibt, das nach dem kleinen bisschen Meinung verlangt. Weil wir finden, dass frech und vorlaut immer besser ist als zahm und gefügig. Deshalb gibt unser Chefredakteur Max Bell kurz vorm Wochenende seinen Senf dazu. Er mischt sich ein, überall und immer. Damit wir wissen, was war, was ist und welche Themen ruhig noch ein bisschen (vor)lauter sein dürfen. Diese Woche: Ein Ausblick auf den traurigsten US-Wahlkampf aller Zeiten.

„We are gonna win so much, you will be tired of winning“ sagte Donald Trump im Wahlkampf 2016. Glaubt man aktuellen Umfragen, so dürften die Amerikaner*innen tatsächlich müde sein. Erschöpft von einer Präsidentschaft, die so chaotisch wie gefährlich ist. Der Wahlkampf, der jetzt beginnt, dürfte aber nicht viel anders werden.

Trump beweist, dass man verlieren und trotzdem immer noch mehr Schaden anrichten kann. Seine Attacken etwa auf das Briefwahlsystem und die Post beweisen, dass er nicht an demokratischer Teilhabe, sondern nur am Gewinnen interessiert ist. Dass dabei das Vertrauen in staatliche Institutionen geschwächt wird, ist ihm nur recht, er präsentiert sich schließlich der Kandidat „gegen das System“.

Andere Themen setzt er aktuell nämlich auch nicht. Sein tiefgehendster politischer Inhalt dürfte Duschwasserdruck sein, den er in mehreren Reden als wichtig für seine Haare bezeichnet hat. Wir können uns also in Kombination mit Joe Biden, dessen Programm sich darauf zu beschränken scheint alles beim Alten zu belassen, auf einen vollkommen inhaltsleeren Wahlkampf einstellen.

Wie einen Wahlkampf komplett ohne Inhalte führen? Mit persönlichen Attacken und Verschwörungstheorien. Trump macht es diese Woche schon vor, als er es nicht schaffte, sich von QAnon-Verschwörungstheoretikern zu distanzieren.

Es wird also ein schmutziger US-Wahlkampfherbst – wie ist es anders vorstellbar, wenn einer der Kandidaten Donald Trump heißt. Gleichzeitig wird sich aber auch zeigen, wie viel vom Vertrauen in die fehlerbehaftete US-Demokratie übrig bleibt. Der Präsident behauptet ständig, die Demokraten würden die Wahlen manipulieren wollen. Und das, obwohl er selbst vor vier Jahren die Wahlen in absoluten Stimmen verloren hat.

Auf beiden Seiten des politischen Spektrums wird dieses Jahr mit Sicherheit Narben hinterlassen. Die Linke fühlt sich betrogen von einem demokratischen Establishment, das ihre Forderungen konsequent ignoriert und der rechte Rand stellt als Folge der Agitation des Präsidenten die Legitimität des demokratischen Prozesses in Frage und rutscht in paranoide Verschwörungsphantasien ab.

Alles Schäden, die sich nicht einfach durch einen Präsidenten Joe Biden heilen ließen. Der Irrsinn, den Trump in den letzten vier Jahren veranstaltet hat, wird die Geschichte der USA prägen. Sollte Biden gewinnen, müsste er mit tiefgehenden Reformen zeigen, dass es auch anders geht. Denn nur, wenn vor allem arme Trump Wähler aufgefangen werden, lässt sich der soziale Frieden in dieser fragilen politischen Situation aufrechterhalten. Biden ist nicht der Kandidat für diese Reformen, lehnt er doch eine Krankenversicherung für alle Amerikaner*innen ab und lacht, wenn er von Journalisten nach einer Reichensteuer gefragt wird.

Im Moment deutet dennoch alles darauf hin, dass Trump abgewählt und dass, wenn schon keine Veränderung, dann wenigstens etwas Ruhe ab Herbst in die US-Politik einkehrt. Andererseits war man sich auch 2016 sicher, dass Hillary Clinton gewinnen würde. Und dann bleibt da noch die Frage: Wenn er abgewählt wird, wird er gehen?

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