„Was, wenn wir einfach die Welt retten?“ – Geht das noch, Frank Schätzing?

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Einmal Avenger sein und unsere Erde gegen übermächtige Gegner*innen verteidigen, das wär’s. Doch in Frank Schätzings neuem Buch Was, wenn wir einfach die Welt retten?, im April 2021 erschienen bei Kippenheuer & Witsch, geht es nicht um den Weltuntergang durch Aliens. Auch Götter, Groot und Supermenschen gibt es nicht. Es gibt nur die Erde (die beschützt werden muss), Menschen (die Bösen, die Leugner*innen), die Erde (die zurückschlägt) und Menschen (die Guten, die Aktivist*innen und Wissenschafter*innen).

Während Schätzings Ökothriller Der Schwarm vor 17 Jahren am Ende die Hoffnung offen ließ, dass uns die Natur doch nicht umbringt, bahnt sich in seinem neuen, untypisch kurzen Buch, das Worst-Case-Szenario an. Aufgeteilt in sieben Kapitel gibt das Quasi-Sachbuch auf 322 Seiten einen Einblick in die Klimakrise, was sie ist, was sie zur Krise macht, was sie verursacht hat, was uns droht, was und wer etwas dagegen tun kann und was uns erwartet.

Letzteres lässt sich nicht so einfach beantworten. Es hängt vom Szenario ab, Frank Schätzing unterteilt diese möglichen Szenarien in sieben Staffeln einer Serie, Hauptdarsteller: Du. Ich. Die Leser*innen. Das Sachbuch liest sich als Thriller so gut, dass es als Gute-Nacht-Lektüre Albträume heraufbeschwört und den Puls so hochschnellen lässt, dass der Fluchtreflex anspringt. Buch weglegen? Ja, aber nur kurz.

In den folgenden Kapiteln geht es mit unserem Ökosystem, bzw. welche Mechanismen es umstürzen lassen würden, weiter. Kippelemente gibt es einige, zum Beispiel das Abschmelzen der Gletscher und Eisschelfe an den Polen oder die Rodung der Tropenwälder. Wenn sie verschwinden, tritt das nächstschlechtere Szenario ein und löst eine Kettenreaktion aus, die andere Kippelemente beeinflusst. Langsam geht der Puls runter, nur um im nächsten Teil wieder hochzuschnellen. Aber nicht aus Angst sondern aus Ärger über die Leute, die absichtlich den Klimawandel ignorieren, zum Beispiel Trump und Bolsonaro. Doch was, wenn die großen Klimaleugner*innen beim Anblick der Zerstörung plötzlich Reue verspüren und ihre Politik umweltfreundlich gestalten? Am besten an den Aktivist*innen orientieren, inspiriert von Greta Thunberg, und sich mitreißen lassen – sowohl wir Leser*innen jedes Alters und alle Politiker*innen. Puls runter, es gibt realistische Lösungswege.

Packend, bestürzend, hoffnungslos, hoffnungsfroh und lesenswert ist dieses Buch auf jeden Fall. Schätzing bringt alle Fakten, Akteur*innen, Elemente und Lösungsvorschläge kurz und knackig auf den Punkt. Weder braucht es Vorwissen, noch hat man das Gefühl, immer nur dasselbe zu hören. Schätzing holt alle Leser*innen unabhängig vom Wissensstand ab. Mit Humor, Sachlichkeit, Ernst und Optimismus ist Was, wenn wir einfach die Welt retten? die perfekte Übersicht über die Klimakrise.

Welches Klimaszenario uns tatsächlich ereilen wird, kann auch Frank Schätzing nicht vorhersagen. Es hängt von uns und von den Politiker*innen ab, davon, welche Maßnahmen sie setzen werden. Zum Abschluss nimmt der Autor uns noch mit ins futuristische Best-Case-Szenario, in eine Welt, die komplett transparent und vernetzt ist, in der Autos wie Taxis als öffentliche Verkehrsmittel dienen und jede grüne Technologie, die heute in den Babyschuhen steckt, zum Alltag geworden ist.

(c) Kiepenheuer und Witsch

 


Titelbild: (c) Jon Tyson/unsplash.com

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