CO2-Ausstoß online: eine originale Netflixproduktion?

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Bitte und Danke werden uns als Normen der Höflichkeit seit der Kindheit eingetrichtert. Ganz klar, dass wir die kurzen Worte auch im E-Mailaustausch schnell noch als Antwort nachsenden: „Passt, habe ich gemacht. Bis bald und LG“„Super, danke dir. LG!“ Unklar ist aber vielen, dass jede E-Mail CO2 verbraucht. Und nicht nur die: Alles, was wir online an Daten beziehen, schadet unserer Umwelt, manchmal sogar vergleichbar mit typischen Klimasünden.

Weniger fliegen, Zug anstatt Auto, lieber vegan, Licht aus, Wasser abdrehen beim Zähneputzen und mehr Bäume pflanzen. Die Liste der Dinge, die man als Einzelperson tun kann, um den weltweiten CO2 Ausstoß zu verringern, ist lang und bekannt. Also lieber einfach zuhause schnell die letzte E-Mail für die Uni oder Arbeit versenden und sich dann mit Netflix&Chill einen gemütlichen Abend machen. Verbraucht ja nix, oder?

Hallo, i bims, 1 Plastiktüte

Tatsächlich sind danach ca. 64 Gramm Kohlenstoffdioxid verbraucht worden. Eine E-Mail verursacht einen CO2-Ausstoß von etwa 10 g. Das ist äquivalent zu einem Plastiksackerl. Laut neuesten Berechnungen gehen für eine Stunde Streaming 36 g CO2 drauf. Eine Zeit lang wurde vom französischen Thinktank Shift Project berechnet, dass bereits 30 min auf Netflix so viel wie eine 6,5 km lange Autofahrt ausmachen. Was hierbei ausgelassen wurde, ist der Stromverbrauch und die Qualität der Geräte. Glasfaserkabel oder auch verbesserte Internetnetze wie 4G oder 5G reduzieren den CO2-Ausstoß beträchtlich, da diese energieeffizienter sind. Basierend darauf können Smartphones den individuelle Datenverbrauch berechnen (ebenso wie die Bildschirmzeit). Mein Smart-Assistant zeigt mir diesbezüglich, dass 11.45 GB mobiler Datennutzung dem Versenden und Erhalten von 201785 E-Mails entspricht.

Rechenzentrum, ahoi!

Woher aber kommt der Verbrauch eigentlich? Ist doch eh digital und braucht beim Benutzen keine Ressourcen. Zuerst braucht es schon mal die Rohstoffe für das Gerät (Handy, Fernseher, Router, Sender/Empfänger), die abgebaut werden. Dann der Transport bis zu uns nach Hause. Noch mehr aber fressen die Server. Ohne riesige Rechenzentren, in denen mehrere tausend Server stehen, würde unsere digitale Welt nicht stehen. Auch diese Geräte müssen gebaut werden. Noch dringender aber müssen sie mit Energie, also Strom, versorgt werden und – wir kennen es von unseren Laptops – gekühlt werden. Dafür braucht es Klimaanlagen und/oder Kühlung durch kalte Untergründe in der Nähe von Meeren, wie zum Beispiel in Norwegen an der Atlantischen Küste.

Jeder Streaming-Dienst braucht solche Datenzentren. Google gibt nur die vage Zahl von mehreren hunderttausend Servern an. Fun Fact am Rand: Vor der Pandemie hatte die Uni Wien nur einen Server für ihre Online-Dienste. Die wurden im Frühjahr auf 19 aufgestockt und bis Herbst/Winter 2020 waren es bereits 70.

Datenzentren sind jetzt schon für 2% des weltweiten CO2-Fußabdrucks verantwortlich und damit gleich auf mit allen Fluglinien. Mit der steigenden Digitalisierung wird der Wert noch weiter anwachsen.

Wir werden natürlich nicht auf unsere digitalen Dienste verzichten können, sie sind inzwischen ein wichtiger Teil unseres Alltags. Aber wir können uns fragen: „Muss ich darauf wirklich antworten“ oder auch „Will ich wirklich wieder binge-watchen?“

 


Titelbild (c) Pixabay Author: geralt (Gerd Altmann)/ unsplash.com

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